Raus aus der Problemtrance! Durch lösungsorientiertes Denken die Starre lösen
Ein Meeting steht an, es geht um Probleme. Es könne nicht sein, dass man an dieser und jener Stelle nicht vorankäme. Kreative Lösungen müssten her. Doch jeder weiß schon Tage vorher, wie dieses Meeting laufen wird. Die Stunden schleppen sich dahin. Das Mittagessen aus der Kantine liegt schwer im Magen und das Gehirn im Vorfeierabend-Modus fragt sich, warum es sich jetzt schon wieder mit Problemen beschäftigen soll, für die doch sowieso keine Lösung gefunden wird. Aber warum ist das so, und gibt es Möglichkeiten, aus dieser Problemtrance aufzuwachen?
Mein Haustier heißt Problem
Wenn wir uns die Duden-Definition von Problem anschauen, wird schnell klar, warum wir den typischen Agenturhund nicht brauchen, sondern längst ein gut gehütetes Haustier haben.
Problem
- schwierige [ungelöste] Aufgabe, schwer zu beantwortende Frage, komplizierte Fragestellung
- Schwierigkeit
Die „schwierige [ungelöste] Aufgabe“ ist zu bewältigen. Schließlich ist sie laut Duden nicht unlösbar. Doch dieses Haustier namens Schwierigkeit füttern wir viel fleißiger, gern allein, aber auch durch Jammern und Klagen im Büro oder der angrenzenden Kaffeeküche.
Warum aber machen wir das und gibt es eine Alternative? Können wir unseren treuen Begleiter namens Problem von der Leine lassen, ohne ihm sehnsuchtsvoll hinterherzuwinken? Mit der richtigen Haltung können wir das.
Was ist Problemtrance?
Der Begriff „Problemtrance“ ist in der Hypnosetherapie verbreitet und bezeichnet einen Zustand, in dem die Betroffenen tranceartig in einem emotional belastenden Zustand feststecken. Alle Gedanken kreisen um das Problem, Angst bis hin zu einem lähmenden Dauerzustand der Ängstlichkeit kommt dazu.
Da sich die Hypnosekraft eines Online-Magazins in Grenzen hält, soll diese Definition vorerst genügen. Denn Hypnose ist nicht der einzige Weg, aus dieser Trance aufzuwachen.
Das geht nicht, weil …
Die Deutschen sind Meister im Suchen und Finden von Gründen. Ganz besonders dann, wenn es um die nicht durchführbare Lösung von Problemen geht. Das andere Extrem ist die überbordernde Anpacker-Mentalität, die aus den USA herüberschwemmt.
Und so löst jene „You can do it“-Mentalität regelrechten Wahnsinn aus, nämlich auf Seiten von Chefs, die in Meetings, Vier-Augen-Gesprächen, Feedbackrunden usw. wie ein Mantra den altbekannten „Ja, aber …“-Satz zu hören bekommen. Oder ihn selbst verwenden. „Packen wir’s an!“ mag dagegen wie das Tschakka-Allheilmittel klingen, geht jedoch nicht an den Kern.
Nein, wir müssen uns unseren Problemen stellen. Doch leider ist das nicht gerade unsere Stärke.
Wir sind keine guten Problemlöser
Wir Menschen sind, freundlich ausgedrückt, nicht die besten Problemlöser, zumindest nicht in den industrialisierten Zeiten. Denn auch wenn unser Gehirn 20 Prozent unseres Energieumsatzes ausmacht (im Ruhezustand wohlgemerkt – beim Schauen des Dschungelcamps verbraucht es sogar mehr!), will es nicht mit Problemen belästigt werden.
Das Gehirn kann nur 110 Bit pro Sekunde wahrnehmen. Das ist auch der Grund, weshalb Multitasking nicht funktioniert: Wir können immer nur einer Sache unsere volle Aufmerksamkeit widmen.
Dieser Filter ist für uns allerdings überlebenswichtig, da wir ansonsten von der schieren Flut an Reizen bombardiert würden. Zugleich bedeutet das: Wir entscheiden, worauf wir unseren Fokus richten.
Was also tun?
In ihrem psychologischen Kern sind Probleme Bewertungen. Und um wieder auf das Thema Fokus zurückzukommen: Es ist unsere Entscheidung, worauf wir uns konzentrieren wollen. Auf den Ärger mit dem Chef? Auf den anstrengenden Kunden? Oder auf die anstehende Gehaltserhöhung und das fachliche Kompliment vom Kollegen? Vielleicht auch einfach nur auf die Sonne am blauen Himmel oder den leckeren Kaffee?
Keine Frage: Probleme verschwinden nicht einfach dadurch, indem der Fokus auf Positives gelegt wird. Sowohl Selbstständige als auch Angestellte müssen sich Problemen stellen. Der klassische Ansatz kratzt jedoch nur an der Oberfläche. Der neue Weg kann sein: Lösungsfokussierung. Die Wurzeln dieser Entwicklung liegen in der lösungsfokussierten Kurzzeittherapie, die von den französischen Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg Anfang der 1980er vorgestellt wurde.
Die drei Prinzipien der Lösungsfokussierung
- Repariere nicht, was nicht kaputt ist!
- Finde heraus, was gut funktioniert und passt – und tu mehr davon!
- Wenn etwas trotz vieler Anstrengungen nicht gut genug funktioniert und passt – dann höre damit auf und versuche etwas anderes!
Ohne jetzt zu sehr in Details zu gehen: Das Grundprinzip ist es, sich auf das zu konzentrieren, was bereits klappt und nicht auf das, was nicht so rund läuft. Statt sich also an den Dingen herunterzuziehen, die nicht funktionieren, können sich Menschen wie auch Belegschaften an Erfolgen aufbauen.
Wenn beispielsweise eine Marketing-Kampagne nicht die gewünschten Erfolge bringt, lohnt es sich, neben dem berechtigten Optimierungsbedarf nicht den Blick dafür zu verlieren, dass der Umsatz quartalsweise wächst. Das ist nur ein Beispiel von vielen, wie der lösungsorientierte Denkansatz die demotivierende Problemstarre durchbrechen kann.
Aufwachen aus der Problemtrance – ein Ansatz
Problemlösung ist nichts, das sich mal so nebenbei als Snackable Content abfrühstücken lässt. Kinder suchen nach einfachen Lösungen für Probleme. Unsere Welt ist jedoch komplex, die Ursachenfindung manchmal schwierig.
In deutschen Büros ist es zugleich eine Art Kodex, stets die Contenance zu wahren. Doch so sehr wir uns insbesondere im geschäftlichen Umfeld darum bemühen, Probleme rational zu lösen, sind immer Emotionen mit im Spiel.
Warum ist das so? Im Unterbewusstsein geht es um Gefühle. Blitzschnell bewerten wir Situationen in unserer Umgebung, lange bevor unser Verstand hinterherkommt. Wir brauchen diesen natürlichen Schutzmechanismus des Unterbewusstseins, um derartig permanente Einschätzungen überhaupt vornehmen zu können.
Als Grundlage hierfür, als engsten Berater sozusagen, nutzt das Unterbewusstsein Erfahrungen, die mit Emotionen verknüpft sind. Wer Angst vor Tadel durch den Chef hat, der wurde womöglich als Schüler von Lehrern gerügt. Das damalige Schüler-Lehrer-Gefälle ist vorbei, Chef und Mitarbeiter sind erwachsen. Und trotzdem kann es sich für den Mitarbeiter so anfühlen wie damals in der Schule.
Tiefer liegende Schichten
Deshalb ist es nicht einfach damit getan, auf der Ebene der Ratio von Problemen als bloßen Bewertungen zu sprechen. Letztendlich ist das auch nur ein Versuch, die emotionalen Ursachen für unsere Probleme nicht betrachten zu müssen.
Der gesunde Weg zum Umgang mit Problemen lautet daher: anschauen. Wer das Problem erkennt, für den wird es überhaupt erst greifbar. Es geht um den berühmten Elefanten im Raum.
Im Alltag führt das zu der Frage: Geht es wirklich um die Sache, über die gerade gesprochen wird? Ist der Vorgesetzte tatsächlich sauer, weil ich nicht schnell genug die E-Mail weitergeleitet habe? Oder nimmt er mir übel, dass ich ihm versehentlich nicht zum Geburtstag gratuliert habe?
Sind meine Mitarbeiter faul und antriebslos? Oder vermissen sie ein Wort der Anerkennung für ihre Leistungen? Ist mein Kunde wirklich unverschämt in seinen Forderungen oder habe ich schlichtweg kein klares Angebot kommuniziert?
Du siehst schon: Probleme haben mehrere Seiten, aber es gibt stets eine Lösung. Und damit sind wir wieder beim Fokus: Welche Perspektiven wir jeweils einnehmen, hängt davon ab, wohin wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Es kommt jedoch noch eine Komponente hinzu.
Das Erbe unserer Probleme
Es gibt Muster und Probleme, die sich über Generationen hinweg vererben. Ein Ansatz, der unter anderem in der systemischen Familienaufstellung eine wichtige Rolle spielt. In der Kindheit und Jugend erben wir von unseren Eltern, Erziehern, Lehrern und allen anderen Bezugspersonen deren Umgang mit Problemen.
Ein gewaltiges Erbe, das wir nicht ausschlagen können. Es geht also nicht um Probleme an sich, denn die werden wir immer haben. Auf diese Begleiter können wir uns zeit unseres Lebens verlassen. Entscheidend ist der Umgang mit ihnen. Und der lässt sich trainieren.
Wir bei Zielbar halten es da in unseren Meetings mit John Dewey:
Ein Problem ist halb gelöst, wenn es formuliert ist.
Womit wir beim nächsten Punkt wären: Ein erkanntes und ausgesprochenes Problem wird bereits halb so groß sein, wenn es auf den Tisch kommt. Dann nämlich bauen sich Spannungen ab, die vorher in der Trance und damit unbewusst waren.
Und Beziehungen haben wir überall, nicht nur mit dem Partner oder den Familienmitgliedern. Auch auf der Arbeit treten wir in Beziehung zu anderen Menschen. Hier kommt die erwähnte Familienaufstellung zum Einsatz – in Unternehmen wird sie aber als Organisationsaufstellung bezeichnet.
Zugegeben: Das Verfahren ist umstritten. Doch das sind die endlosen „Wir müssen reden“-Meetings mit Problemfokus noch weitaus stärker. Warum also nicht etwas Neues wagen?
Fünf Tipps, mit denen du … ach, lassen wir das!
Dieser Artikel geht daher ganz bewusst nicht in die beliebte „Tue das und deine Probleme sind weg“-Richtung. Denn die Vorzeige-Storys von Elon Musk und anderen Lichtgestalten unserer Zeit helfen uns nicht weiter.
Jeder von uns hat seinen eigenen Werkzeugkoffer, mit dem er Probleme löst. Oder eben nicht. Bei manchen Problemen liegt die Lösung gerade darin, keine zu finden. Loszulassen, auch als Team. Kunden und Dienstleister gehen zu lassen, wenn es nicht mehr passt. Und zugleich hinzuschauen, wo die Gründe dafür liegen.
Es gibt übrigens einen Trick, wie sich das Problem-Monster schrumpfen lässt: indem man es in kleine Teile zerlegt. Wenn eine nahende Prüfung ein Problem für dich ist, zerlege den Ablauf in einzelne Teilschritte: Erstelle dir einen gut strukturierten Plan, den du abarbeitest. Konzentriere dich auf die Lösung.
Wenn du Angst vor dem nächsten Vortrag auf der Bühne hast, übe, vor Menschen zu sprechen. Ängste lassen sich durch Handeln abbauen, denn unser Unterbewusstsein lernt immer neu dazu.
Wir wollen nichts von Problemen hören
Das Problem sind nicht die Probleme – weder privat noch im Business. Sondern die trügerische Erwartungshaltung, dass unser Leben „problemfrei“ sein kann.
Meetings bleiben ätzend, wenn sich die Ursache des Unmuts nicht ändert. Auch die tollsten Kommunikations-Apps werden höchstens kurzfristig die Widerwilligkeit der Mitarbeiter an der Teilnahme ändern. Und dann bleibt ja auch noch der Vorgesetzte derselbe!
Was wir uns tatsächlich wünschen, sind Bewältigungsstrategien in einer immer komplexer werdenden Welt. Warum sind wir immer noch depressiv und antriebslos, wo Globalisierung und Technisierung doch Abhilfe versprachen? Weil sie uns noch tiefer in die Problemtrance führen und nicht aus ihr heraus.
Tatsache ist: Die einfachen Lösungen hat es nie gegeben. Menschen sind kompliziert, sowohl im Zusammenleben als auch in der Zusammenarbeit. Toleranz ist ein guter Anfang. Die Macken des Kollegen aushalten, wenn es nicht gerade Schweißgeruch oder Telefonate im 90-Dezibel-Bereich sind.
Der kleine aber feine Unterschied
Angestellte im Büro können ein Lied davon singen: Die lieben Kollegen rauben einem manchmal nicht nur den Atem, sondern auch den letzten Nerv. Oder der Kunde sieht nicht ein, warum Sonntag 6 Uhr früh kein guter Zeitpunkt für ein Telefonat ist.
Wichtig ist es, die Probleme hinter den Problemen zu erkennen. Ein Hochsensibler leidet beispielsweise besonders stark am Lärmpegel und der übrigen Unruhe in einem Großraumbüro. Für diese Person stellt also die Arbeitsumgebung ein großes Problem dar.
Ein weniger empfindsamer und dafür umso kontaktfreudigerer Zeitgenosse kann dies völlig anders empfinden: Er oder sie erlebt das Büro mit den kurzen Kommunikationswegen als bereichernd, doch der Job ist schon lange nicht mehr erfüllend.
Beide Menschen werden vielleicht sagen, dass sie mit der Situation unzufrieden sind, doch beide brauchen unterschiedliche Lösungswege. Hinter dem augenscheinlichen, scheinbar gleich klingenden Problem verbergen sich verschiedene Ursachen.
Die Ursachen erkennen
Halten wir fest: Wir Menschen sind also nicht nur, sagen wir mal, Problemlöser mit Entwicklungspotenzial, sondern regelrechte Problemsucher. Salopp gesagt: Unser Gehirn kann sich bei Unterforderung nicht auf die Couch fläzen, selbst wenn unser Körper das tut. Stattdessen sucht es wie ein Knobelmeister nach Problemen, die es lösen kann. Daher ist es so wichtig, immer dann den eigenen Verstand zu fragen: Ok, und was ist die Lösung für mein Problem? Auf diese Weise verschiebt sich der Fokus.
Probleme können verschiedene Ursachen haben: unbewusste Belastungen, kollektive Muster, aber auch individuelle Über- oder Unterforderung und daraus entstehende Unzufriedenheit. Hier kommt die Eigenverantwortung ins Spiel. Es gilt, unterscheiden zu können zwischen einer Situation, die sich ändern lässt (Problem) und einer Lage, auf die wir keinen Einfluss haben (kein Problem). Und diese Unterscheidungsfähigkeit lässt sich schulen.
Sicherlich ist das eine vereinfachte Darstellung, aber sind wir mal ehrlich – du hast ja sowieso die größten Probleme von allen. Wer selbst in einem Problem steckt, kann schnell in die berüchtigte Trance rutschen. Umso wichtiger ist es, an der eigenen inneren Haltung gegenüber Problemen zu arbeiten.
Denn je besser dein Zugang zu deinen Problemen ist, desto souveräner kannst du mit ihnen umgehen. Und selbst schnarchige Meetings irgendwie überstehen. Oder wie wäre es mit etwas Eigeninitiative, um die Situation aktiv mit ein wenig Humor oder kreativen Einfällen zu verbessern?
Fazit
Probleme gehören zum Leben dazu – entscheidend ist der Umgang mit ihnen. Und nicht alle von ihnen, ob im Business oder privat, lassen sich aus eigener Kraft heraus lösen. Helfen können uns die richtige Einschätzung und eine gesunde Portion Selbstreflexion. Und natürlich ein bisschen Unterstützung von außen.
Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
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