6 Voraussetzungen für Unternehmenskommunikation im konstanten Wandel

Alles bleibt anders – Sechs Voraussetzungen für eine zielführende Unternehmenskommunikation im konstanten Wandel

Seit einigen Wochen beschäftige ich mich mit der Frage, welche Voraussetzungen geschaffen sein müssen, damit Unternehmenskommunikation in Zeiten ständiger Veränderungen gelingen kann. Wie schwierig das Beantworten dieser Frage ist, zeigt sich für mich darin, dass jeder gedachte Endpunkt meiner Überlegungen ein Anstoß für neue Gedanken ist. Ein nie enden wollender Kreislauf also. Ich werde trotzdem versuchen, dir meinen persönlichen Stand der Dinge näherzubringen, und freue mich jetzt schon auf Einwände, Kritik und Input.

Das Spielfeld – Perpetual Disruption

Am Markt da draußen finden wir eine dynamische Mischung von sich überlagernden und gegenseitig beeinflussenden Erscheinungen, die zwischen digitaler Revolution, disruptiven Geschäftsentwicklungen und der professionellen Kommunikation mit Stakeholdern einzuordnen ist. Der Versuch, meine Gedanken dazu auf den Punkt zu bringen, ähnelt dem Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln.

Gott sei Dank gibt es einige schlaue Köpfe in den Weiten des Internets, die sich mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigen. Einer von ihnen hat es geschafft, ein Kernelement meiner chaotischen Überlegungen einzugrenzen: Der Schweizer Unternehmer, Berater und Business Developer Alain Veuve beschreibt mit seinem Konzept der Perpetual Disruption eine zentrale Konstante unserer Gesellschaft – die Konstante der laufenden Veränderung. Bereits rund 500 v. Chr. hat der griechische Philosoph Heraklit mit seiner Aussage „Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung“ diese Tatsache erkannt. Dennoch ist es heute noch um eine Spur dramatischer als zu Heraklits Lebzeiten.

Der Ausdruck ‚Perpetual Disruption‘ steht zum einen für ein Zeitalter, in dem die bis jetzt beobachteten Wellen von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erneuerungen und Umbrüchen durch einen Zustand des konstanten Wandels ersetzt wird.

Alain Veuve

Aber damit nicht genug. Was diese Veränderung heute charakterisiert, ist ihre enge Verknüpfung mit dem technologischen Fortschritt und einer damit einhergehenden Beschleunigung.

Ob diese Beschleunigung exponentieller Natur ist oder nicht, ist für das Konzept der ‚Perpetual Disruption‘ nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass der Fortschritt nicht linear, sondern progressiv ist.

Alain Veuve

Ja natürlich, wir wissen alle, dass wir in eine schnelllebige Zeit hineingeboren sind und dass die Auswirkungen der digitalen Revolution unsere gesamte Gesellschaft verändern. Aber darüber hinaus kommt hinzu, dass die „Verschnaufpausen“ zwischen den einzelnen Veränderungen immer kürzer werden. Sind wir uns dessen aber wirklich bewusst? Wie viele von uns, wie viele der Unternehmen, die wir betreuen, zählen zu den Early Adopters technologischer Entwicklungen?

Der Wert der Kommunikation in Change-Prozessen

Welchen direkten Einfluss haben diese Entwicklungen auf mich und uns alle, die im Bereich der Unternehmenskommunikation arbeiten? Die kurze Antwort: Die meisten Unternehmen und Kommunikationsverantwortlichen (hierzu zähle ich auch Marketer, da auch sie im Namen von Unternehmen kommunizieren) haben diese neue Ordnung bisher gekonnt ignoriert oder sich eher passiv den eintretenden Veränderungen angepasst.

Die längere Version der Antwort: Unternehmen verkennen oftmals den Wert von aktiv gestalteter Veränderung, die enormes Potenzial mit sich bringt. Gleichzeitig sind sie sich auch der elementaren Rolle der Kommunikation innerhalb dieser Prozesse nicht bewusst. Kommunikation initiiert, erklärt, begleitet, veranschaulicht. Sie ist das Einzige, das Menschen in Veränderungsprozessen Halt bieten kann.

Worauf es in der Kommunikation heute ankommt

Sowohl Veränderungen als auch Kommunikation müssen bei Perpertual Disruption aktiv gesetzt werden. Damit diese Maßnahmen fruchten, müssen vorab einige Voraussetzungen erfüllt sein. Es handelt sich aus meiner Perspektive hier tatsächlich um eine Art Grundlagenarbeit, die nicht nur im Bereich professioneller Unternehmenskommunikation wichtig ist. Es sind Grundlagen für aktives, mündiges gesellschaftliches Handeln. Dass es an diesen Grundlagen oftmals mangelt, zeigt sich für mich an den turbulenten gesellschaftspolitischen Entwicklungen und Geschehnissen der vergangenen Monate sehr deutlich.

1. Augen, Ohren, Hirne auf

Normalerweise drohe ich meinen Leserinnen und Lesern nicht, aber wehe, wenn du gerade deine Augen verdreht hast! Nein im Ernst, jeder wiederholt diese Aussage wie ein Mantra, aber so richtig umsetzen tun es wenige. Als Unternehmen müssen wir unsere Dialoggruppen kennen, wir müssen ihnen zuhören, wir müssen den Markt und die Gesellschaft beobachten und versuchen, so vielschichtig wie möglich unsere Eindrücke zu strukturieren. Wir müssen uns von der Idee der einen Wahrheit lösen, das Schwarz-Weiß-Denken ablegen und Sachverhalte begreifen, bevor wir sie zu ändern versuchen.

Klingt gut und logisch – aber wie geht das? Eine Patentlösung habe ich nicht, doch die folgende Vorgehensweise hat bei mir positive Veränderungen gebracht: Arbeite täglich aktiv an deinem Mindset. Lege Vorurteile ab, versuche Annahmen zu widerlegen, sorge für differenzierte und unterschiedliche Informationsquellen. Achte nicht nur darauf, was gesagt wird, sondern auch darauf, von wem es gesagt wird. Setz dich ohne Smartphone ins Kaffeehaus, in die Kantine oder Teeküche – hör doch einfach einmal zu. Und wenn du etwas sagst, dann lass es eine Frage sein. Die richtigen Fragen zu stellen, scheint mir hier als besonders wichtig.

2. Informationen filtern und bewerten

Wenn ich weiter oben davon rede, viele verschiedene Informationsquellen zu Rate zu ziehen, dann bedeutet das im nächsten Schritt die Fähigkeit zu entwickeln, binnen weniger Sekunden relevante von irrelevanten Informationen unterscheiden zu können.

1) Was ist die Message?
2) Wer ist der Absender?
3) Bringt mir diese Info einen Nutzen?

Mit diesen drei zentralen Fragen bringe ich Struktur in meine Informationsflut. Aber noch wichtiger ist es, dass wir als Kommunikationsverantwortliche genau mit denselben Fragen unsere Stakeholder-Kommunikation strukturieren. Unsere Dialoggruppen wollen nämlich ebenso schnell und effizient entscheiden und die Wertigkeit von Informationen bewerten können. Das ist auch einer der Gründe, warum ich mit Advertorials beziehungsweise Native Ads so meine Probleme habe, da oftmals die zweite Frage bewusst ausgeblendet wird.

3. Botschaften konkretisieren

Eng an den oberen Punkt angelehnt ist die Notwendigkeit, unsere Botschaften zu konkretisieren. In meinem letzten Blogbeitrag habe ich einen Weg aufgezeigt, wie man das effektiv angeht. Das Hauptaugenmerk liegt dabei eindeutig auf den Stakeholdern: Es sind ihre Bedürfnisse und ihre Werte, die uns hier leiten müssen.

4. Agilität als Grundhaltung

Während Vielschichtigkeit und Offenheit unserem Denken zugrunde liegen sollten, sollten Flexibilität und Agilität unser Arbeitsmanagement bestimmen. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein Nice-to-have, sondern um ein Must-have für Unternehmen.

Diese Grundhaltung sollten wir nicht nur von der Human-Ressources-Abteilung unseres Arbeitgebers oder unserem zuständigen Finanzamt erwarten, sondern auch als Kommunikationsverantwortliche selbst an den Tag legen.

Flexibilität heißt aber nicht, planlos und unüberlegt zu handeln. Ganz im Gegenteil. Um Agilität leben zu können, ist es wichtig, vorab gewisse Strukturen (z. B. in Form eines Kommunikationskonzeptes) und konkrete Rahmenbedingungen (z. B. Deadlines) festzulegen. Innerhalb dieser Eckpunkte ist flexibles Handeln möglich, ohne das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren.

5. Vielschichtig denken

Kommunikation ist mehr als bloß die Summe möglicher Kommunikationskanäle. Unternehmenskommunikation ist alles, mit dem wir vor das Gesicht unserer Stakeholder treten: angefangen bei der Corporate Identity über Werbeaussagen und Presseaussendungen bis hin zum Tweet. Selbst wenn das Unternehmen schweigt, ist das eine Art von Kommunikation.

Gleichzeitig sind aber auch unsere Dialoggruppen vielschichtig. Nur online, nur analog, nur Facebook – das ist meilenweit von der Realität entfernt. Wir sind sowohl als Sender als auch als Empfänger von Kommunikation ständig, überall und auf verschiedene Arten anzutreffen.

Es gibt viele Konzepte, die dieses Kommunikationsgeflecht zu verdeutlichen versuchen. So sprechen wir seit Jahren etwa von integrierter Kommunikation, Google „erfindet“ die Micro Moments, und der Content-Marketer Mirko Lange betont die Beständigkeit seines Story-Circle-Konzeptes. Sie alle haben recht. Sie alle beschreiben ein und dasselbe Phänomen aus unterschiedlichen Blickwinkeln – und doch fehlt mir allzu oft der Hinweis darauf, dass der Mensch an sich vielschichtig ist. Ich bin nicht Kunde, nicht Stakeholder, nicht Lead, nicht Buyer Persona, auch kein Mitarbeiter oder Meinungsführer – ich bin all das und noch viel mehr.

In diesem Sinne sind Vereinfachungen wichtig für die Komplexitätsreduktion und das Aufrechterhalten der Handlungsfähigkeit. Wir dürfen dennoch nicht vergessen, dass es sich dabei um Abstraktionen handelt, die nicht 1:1 auf die reale Welt übertragbar sind.

6. Verantwortung übernehmen

Schließen möchte ich meine Aufzählung der Voraussetzungen für Kommunikation in Veränderungsprozessen mit einem oft zu wenig beleuchtetem Bereich: der Verantwortung. Verantwortung für ihr Tun zu tragen, so mein absolut subjektives Gefühl, ist etwas, wozu nur die wenigsten Unternehmen (und Bürger) bereit sind. Und wenn doch, dann nur weil sie nicht rechtzeitig „entkommen“ sind. Ihr könnt hier gerne mit mir diskutieren und mir positive Beispiele nennen (bedenkt bitte, Ausnahmen bestätigen die Regel), aber im Grunde möchte ich auf einen ganz bestimmten Sachverhalt hinweisen: Egal, wie wir das Thema Verantwortung angehen, es endet immer mit dem Schluss, dass jeder Mensch (als Konsument, Bürger, Mutter etc.) die Verantwortung für sein Handeln selbst tragen muss. So weit, so gut. Aber leider absolut zu kurz gefasst, denn der entscheidende Nachsatz fehlt: wenn er beziehungsweise sie aufgrund von allgemein zugänglichen Informationen und ohne gesellschaftspolitische Einschränkungen eine informierte Entscheidung treffen kann. Diesen idealtypischen Zustand gibt es aber leider so gut wie nie.

Es ist also an der Zeit, Ethik wieder in die Unternehmenskommunikation einfließen zu lassen. Bei Perpetual Disruption weiß man schließlich nie, wie lange es dauern wird, bis einen die eigenen Unwahrheiten einholen.

Trotz digitalem Wandel und Disruption: Fokus weiterhin auf ehrliche, menschliche Kommunikation!TWEET

Fazit: Mehr Menschlichkeit in der Unternehmenskommunikation

Es gibt zwei Dinge, die ich bisher im Laufe meiner Überlegungen gelernt habe. Erstens, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Fragen tun sich auf. Zweitens, den Wert von Kommunikation kann man nicht hoch genug ansetzen. Das Konzept der Perpetual Disruption weist einen Weg mit ungewisser Zukunft auf, der sowohl für Unternehmen als auch für unsere Gesellschaft massive Herausforderungen bereithält. Das Einzige, das uns in diesem konstanten Wandel zumindest eine gewisse Sicherheit bieten kann, ist der Fokus auf ehrliche, menschliche Kommunikation – auch für Unternehmen. Brauchen Unternehmen also mehr Menschlichkeit und ein Gesicht? Ich denke ja.

Dies sind meine Überlegungen. Jetzt freue ich mich darauf, wie du meinen Horizont mit kritischen Fragen erweiterst!
Alles bleibt anders – Sechs Voraussetzungen für eine zielführende Unternehmenskommunikation im konstanten Wandel
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Ivana Walden

Ivana Walden

Ivana Walden beschäftigt sich mit der Frage, wie Kommunikation auf den Unternehmenserfolg wirkt und wie Unternehmen und Selbstständige diese Wirkung effizient und effektiv für sich nutzen können. Sie verhilft Unternehmen zu schlanken Kommunikationsstrategien und klaren Leitlinien. "So bleibt mehr Zeit für das wirklich Wichtige: die Menschen."

4 Reaktionen zu “Alles bleibt anders – Sechs Voraussetzungen für eine zielführende Unternehmenskommunikation im konstanten Wandel”

  1. Andy Weber

    Augen, Ohren, Hirne auf – Informationen filtern und bewerten.
    Das ist das Handwerk, welches es zu beherrschen gilt!
    Danke für den inspirierenden Artikel

    Antworten
    1. Ivana Walden
      Ivana Walden

      Lieber Andy,

      danke für deinen Zuspruch! Das ist wohl eine der wichtigsten, aber auch schwierigsten Aufgaben. Einfach dranbleiben! So mach‘ ich das auch. :D

      Liebe Grüße
      Ivana

      Antworten
  2. Manuela Nikui

    Zuhören ist für mich die Basis jeder guten Kommunikation.

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  3. Simone Maier Begré

    Yes! Ich habe mich jetzt mal wieder für einige Tage – im Zusammenhang mit Kundenzentrierung – mit dem Thema Unternehmenskommunikation beschäftigt. In der Regel geht es primär ums „Senden“ in jeglicher Form. Das präferierte Symbol ist die altmodische „Flüstertüte“.
    Das ist der erste Beitrag, der explizit das Zuhören und Wahrnehmen, sprich: den „Empfang“ in den Fokus rückt. Danke dafür!

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