„Corporate Blogs sind zunehmend Teil einer umfassenden Content-Strategie“ – Interview mit Fachbuchautorin Meike Leopold
Corporate Blogs – können die was oder können die weg? Diese Frage sollte allmählich beantwortet sein. Viele kleine, mittlere und große Unternehmen nutzen Corporate Blogs seit Jahren erfolgreich für ihr Content-Marketing. Folgerichtig steigt der Bedarf an Konferenzen und Networkingevents, die die Professionalisierung der Corporate-Blog-Macher vorantreiben. Hier herrschte bisher ein Vakuum. Angebote, die sich komplett auf Corporate Blogs konzentrierten, gab es schlichtweg nicht.
Das ändert sich nun mit folgender Premiere: Wenn am 29. August 2019 das Corporate Blog Barcamp in Dortmund steigt, wird dem Thema „Corporate Blog“ erstmals eine eigene Veranstaltung gewidmet. Daniela Sprung und Gesa Hauschild organisieren diese Unkonferenz für Content-Strategen, Redakteure, Autoren sowie Verantwortliche von Corporate Blogs. Mit Fachbuchautorin, Corporate-Blog-Expertin und Zielbar-Redakteurin Meike Leopold haben sie eine ebenso bekannte wie erfahrene Partnerin gefunden.
Zielbar nutzt die Gelegenheit und spricht mit Meike Leopold über: den Status quo, die Qualität deutscher Unternehmensblogs, den notwendigen Perspektivenwechsel, den ROI im Vergleich zur Werbung und das Veranstaltungsformat Barcamp.
Meike Leopold: „Corporate Blogs sind definitiv raus aus den Kinderschuhen“
Zielbar: Meike, du beschäftigst dich seit mehr als zehn Jahren beruflich mit Corporate Blogs – und das aus verschiedenen Perspektiven. Deine Einschätzung bitte: Wie steht es um die Qualität deutscher Unternehmensblogs?
Meike Leopold: Corporate Blogs sind definitiv raus aus den Kinderschuhen. Das habe ich im Rahmen der Recherche für mein kürzlich erschienenes Fachbuch festgestellt. Die Expertise und die Erfahrungen von über 20 bloggenden Unternehmen sind in das Buch mit eingeflossen. Dabei wurde klar, dass viele Verantwortliche heute einen deutlich ganzheitlicheren Blick auf das Thema Corporate Blog haben.
Es ist zunehmend Bestandteil einer übergreifenden Content-Strategie oder sogar eingebettet in einen zentralen Newsroom-Ansatz. Diese Entwicklung ist grundsätzlich erfreulich, denn nur mit einer tragfähigen Strategie sowie einem professionellen Management können sich Corporate Blogs angesichts der heute produzierten Menge an Online-Content behaupten.
Zielbar: In der Neuauflage deines Standardwerks „Content Marketing mit Corporate Blogs“ strukturierst du das Thema grob in drei Bereiche: Strategie, Redaktion und Vermarktung. Wo hapert es noch am meisten und in welchen Bereichen siehst du Fortschritte?
Meike Leopold: Fokus und langfristiges Denken – das sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Corporate Blog. Die meisten Blogs, die ich in meinem Buch vorstelle, sind seit vielen Jahren am Start und haben sich erfolgreich bei ihren Zielgruppen positioniert. Zum Thema Strategie gehört natürlich auch die Erfolgsmessung. Erreiche ich mit dem Blog meine Ziele? Lassen sich diese ganz konkret messen? In diesem Punkt können sich viele noch verbessern. Das beste Argument dafür ist, dass messbare Erfolge mehr Ressourcen und Budget für das Blog bringen.
Redaktionell gibt es natürlich immer die Möglichkeit, noch besser zu werden, etwa bei der Präsentation der Blog-Inhalte. Die meisten sind hier aber auf einem guten Weg. So bieten etliche Blogs beispielsweise auch Hörversionen ihrer Beiträge an.
Eine gute Vermarktung des Blogs finden fast alle Teilnehmer an meiner Umfrage sehr wichtig. Erkennbar ist hier beispielsweise ein Trend zur stärkeren Einbindung der Kollegen beim Verteilen der Blog-Inhalte. Gezielte Blogger Relations sind dagegen leider eher weniger ausgeprägt.
„Das Versprechen, dass der Kunde im Mittelpunkt steht, muss konkret und durchdacht eingelöst werden – auch und gerade in der Online-Kommunikation“
Zielbar: Das Zielbar-Team macht ja nicht nur ein Online-Magazin, sondern ist auch selbst „an der Kunden-Front“ aktiv. Dabei beobachten wir immer wieder, dass das größte Problem des deutschen Mittelstands der Perspektivenwechsel ist. Wieso fällt es Unternehmen auch 2019 immer noch so schwer, nicht sich selbst, sondern die Kundenbedürfnisse (inhaltlich) in den Mittelpunkt der Kommunikation bzw. ihres Marketings zu stellen?
Meike Leopold: „Der Kunde steht bei uns im Mittelpunkt“. Wer mich kennt, weiß, dass ich auf dieses zentrale Thema immer wieder gerne zurückkomme. In Zeiten, in denen Themen wie User Experience oder Customer Journey bedeutsamer werden, muss dieses Versprechen konkret und durchdacht eingelöst werden – auch und gerade in der Online-Kommunikation. Sonst gewinnen andere das Rennen um den Kunden – ob im B2C- oder im B2B-Geschäft. Ich denke, hier müssen manche Unternehmen erst einen gewissen Lernprozess durchlaufen, bevor es „Klick“ macht. Wenn die Bereitschaft dazu grundsätzlich vorhanden ist, funktioniert es nach meiner Erfahrung ganz gut – ob im Mittelstand oder in großen Unternehmen.
Zielbar: In einer aktuellen Umfrage gaben 75 Prozent der befragten B2B-Marketingmanager und Kommunikationsverantwortlichen an, sie sähen einen großen ROI beim Content-Marketing – im Gegensatz zur Werbung mit lediglich 4,5 Prozent. Hältst du diese Einschätzung für valide?
Meike Leopold: Die Werbewirkung befindet sich im Sinkflug. Das ist schon seit längerem bekannt. Gleichzeitig kann guter und relevanter Content langfristig eine wesentlich nachhaltigere Wirkung haben als Werbung.
Die Voraussetzung ist wie gesagt: Unternehmen müssen ganz dicht an ihren Zielgruppen sein und den Content entsprechend dort ausspielen, wo sich diese aufhalten und informieren. Dazu kommt: Ich muss in der Lage und willens sein, den ROI meiner Content-Strategie nachzuweisen. Hier ist es mit Klicks und Likes als Kennzahlen nicht getan.
Zielbar: Du hast bei NTT Data und Salesforce Corporate Blogs aufgebaut, arbeitest in Projekten für Siemens sowie international tätigen mittelständischen Unternehmen. Können sich kleinere Unternehmen etwas von „den Großen“ abschauen?
Meike Leopold: Ich glaube nicht, dass „die Großen“ mit ihren ausdifferenzierten Strukturen oder auch der relativ guten personellen Ausstattung für kleinere Unternehmen unbedingt eine gute Blaupause sind. Viele Dinge brauchen dort erfahrungsgemäß viel Zeit, weil viele mitentscheiden. Das kann auch ein Nachteil sein.
Wichtig ist heute vor allem das richtige Mindset, viel Flexibilität und der unbedingte Wille, ein wirksames Marketing im Sinne der Kunden zu machen. Hier können kleinere Player wie beispielsweise das in München gegründete Energie-Unternehmen Polarstern den größeren durchaus das Wasser reichen.
Das erste Corporate Blog Barcamp in Dortmund: „Es soll in erster Linie um den Austausch miteinander und das Lernen voneinander gehen“
Zielbar: Kommen wir zurück zum Anfang unseres Gesprächs: der Professionalisierung. Im August veranstalten Daniela Sprung von bloggerabc.de und Gesa Hauschild, bei den Jugendherbergen im Nordwesten verantwortlich für die Bereiche Unternehmenskommunikation und Internet, ein Barcamp zu Corporate Blogs. Du bist als Partnerin der Veranstaltung mit am Start.
Weshalb habt ihr euch für das Format „Barcamp“ entschieden?
Meike Leopold: Daniela hat das Corporate Blog Barcamp initiiert. Ich fand ihre Idee super und habe gleich zugesagt, bei der Auftaktveranstaltung am 29. August in Dortmund dabei zu sein. Bisher gab es noch keine Veranstaltung, die sich ausschließlich mit Corporate Blogs beschäftigt.
Daniela hat sich für das Format eines Barcamps entschieden, weil es in erster Linie um den Austausch miteinander und das Lernen voneinander gehen soll. Andere Konferenzformate geben diese Elemente nicht oder zu wenig her. Wir sind von dem Potenzial des Barcamps voll überzeugt und freuen uns sehr auf einen regen Austausch mit der Corporate Blog Community!
Zielbar: Wirst du selbst auch eine Session anbieten?
Meike Leopold: Selbstverständlich! An dem Thema „bastele“ ich noch. Mich würde beispielsweise interessieren, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Rolle von Corporate Blogs im heutigen Kommunikationsmix einschätzen und welche Ideen sie für die zukünftige Weiterentwicklung des Formats haben.
Zielbar: Lieben Dank für das Interview, Meike.
Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
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