Erfolgreiche Ansprache: Wie Unternehmen Journalisten via Social Media erreichen
Wenn in den sozialen Netzwerken die Diskussion rund um Influencer Relations geführt wird, ist vor allem von Instagramern, YouTubern und Snapchatern die Rede. Journalisten werden hier kaum beachtet. Vermutlich sind sie zu altmodisch und uncool. Für Unternehmen ist die Coolness jedoch bestenfalls – wenn überhaupt – zweitrangig.
Wenn du Online-PR für dein Unternehmen ernst nehmen und mit deiner Kommunikation Reichweite erzielen und sichtbar werden willst, solltest du mit Journalisten sprechen. Die dafür nötigen Online-PR-Strategien für die Journalistenansprache via Social Media beschreibe ich in diesem Beitrag.
Journalisten sind sehr wohl im Netz aktiv
Eine Befragung von rund 700 Journalisten der Agentur „PR von Harsdorf“ zeigt, dass 85,7 Prozent der Wirtschaftsredakteure beruflich auf Facebook und Twitter sowie 42,2 Prozent auf Xing aktiv sind. 71,4 Prozent der Fachredakteure unterschiedlicher Branchen nutzen Facebook, Twitter und Xing zur Positionierung und Recherche. Auch wenn nur wenige IT-Redakteure Facebook (46,2 Prozent), Twitter (53,9 Prozent) und Xing (64,1 Prozent) nutzen, ist die Social-Media-Nutzung aller befragten Bereiche hoch.
Journalisten entsprechen also keineswegs dem Klischee der ewig gestrigen Online-Verweigerer, das mancherorts noch gezeichnet wird. Die meisten haben verstanden, dass Social Media eine wichtige Recherchequelle und ein noch wichtigeres Kommunikationswerkzeug sein können.
Es lohnt sich daher, online gezielt mit Journalisten Kontakt aufzunehmen.
Wie nutzen Journalisten Social Media?
Stop! Bevor du jetzt damit beginnst, Journalisten Facebook-Freundschaftsanfragen, Twitter-Direktnachrichten oder auf Xing-Kontaktanfragen zu schicken, solltest du zunächst wissen, wie Redakteure die Social Media überhaupt nutzen. Denn auch hier gilt: Wer nicht mit Köpfchen agiert, landet bestenfalls – wie eine schlechte Pressemitteilung – ungelesen im Papierkorb. Schlimmstenfalls merken sich Redakteure den Namen deines Unternehmens und stellen sich bei weiteren Kontaktanfragen taub.
Klar ist, dass sich unsere Kommunikationswelt spätestens seit der Einführung des Internets in einem ständigen Wandel befindet. Das hat natürlich viel mit den immer wieder neu entstehenden sozialen Netzwerken zu tun hat. Neue Handlungsweisen sind in daher auch in der PR-Arbeit überlebenswichtig.
Auch für Journalisten sind Social Media längst Teil des Alltags geworden. 43 Prozent der befragten deutschen Journalisten haben in der IAM Bernet Studie 2015 angegeben, auf die sozialen Netzwerke in ihrer Arbeit nicht mehr verzichten zu können.
Eine Online-Umfrage von Cision und der Canterbury Christ Church University aus dem Jahr 2016 zeigt, wie Journalisten die Social Media in Deutschland nutzen. Im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse:
- 73 Prozent der Befragten nutzen Social Media für Recherchetätigkeiten.
- Deutsche Journalisten nutzen soziale Medien strategisch und auf einzelne Aufgaben spezialisiert: Mehr als die Hälfte betreiben Medienbeobachtung über die sozialen Netzwerke und um Informationen zu verifizieren.
- Soziale Medien sind für Redakteure unverzichtbar, reduzieren aber keinesfalls deren Arbeitslast.
Social Media sind also im Journalistenalltag angekommen und werden von ihnen bewusst für Recherche und Verifizierung genutzt. Wer also Journalisten in den sozialen Medien ansprechen will, muss ihr Nutzungsverhalten der verschiedenen Netzwerke kennen und verstehen.
KATEGORIEN FÜR DAS NUTZERVERHALTEN VON JOURNALISTEN
Wer das Nutzerverhalten deutscher Journalisten ganz genau verstehen will, dem lege ich die bereits erwähnte Studie von Cision und der Canterbury Christ Church University ans Herz. Ganz besonders den Abschnitt: „Journalistische Nutzergruppen sozialer Medien“. Hier wurden einige Kategorien entwickelt, die das Nutzerverhalten am besten nachempfinden können.
- Skeptiker machen etwa 24 Prozent der Befragten aus.
Sie nutzen Social Media aus Notwendigkeit und aufgrund von Veränderungen in der Branche. Besonders in den Nischenthemen werden Social Media kaum genutzt. Hier kennen Journalisten ihre Kontakte und können diese oft persönlich und direkt um aktuelle Informationen bitten. - Der größte Teil deutscher Journalisten (36 Prozent) sind Beobachter.
Diese Redakteure arbeiten im Printbereich und zu einem Drittel im Online-Bereich. Sie nutzen meistens Facebook, Twitter und Xing. Sie beobachten das Geschehen in sozialen Netzwerken, lesen Blogs und Beiträge von anderen Nutzern. Beobachter verwenden Social Media hauptsächlich für Recherchen. Ihr Gebrauch sozialer Medien ist passiv und dient der Informationsfindung. - Jäger (10 Prozent) und Promotoren (11 Prozent) machen den kleinsten Teil deutscher Journalisten aus.
Jäger spüren mittels Social Media Informationen auf und schreiben investigative Artikel. Für sie steht die schnellstmögliche Berichterstattung im Vordergrund. - Promotoren können ohne Social Media nicht arbeiten.
Hier publizieren und promoten sie ihre eigenen Inhalte. Aber auch Medienbeobachtung ist ein wichtiger Teil der Arbeit von Promotoren. Für sie ist der Dialog wichtiger Bestandteil von Journalismus. Promotoren lehnen einseitige Veröffentlichung von Content ab.
In welchen sozialen Netzwerken sind Journalisten anzutreffen?
Vergleicht man die unterschiedlichen Studienergebnisse miteinander, gibt es drei soziale Netzwerke, die Journalisten am häufigsten nutzen: Facebook, Twitter und Xing. Soziale Netzwerke, die sich sehr in ihren Zielgruppen unterscheiden und von Journalisten für unterschiedliche Tätigkeiten genutzt werden.
Wer nutzt Facebook nicht, um mit der Familie, Freunden und Kollegen privat zu kommunizieren? Okay, die Frage ist rhetorisch – es sind viele Menschen. Doch auch im Beruf findet das soziale Netzwerk immer mehr Verwendung. Journalisten nutzen die Plattform gerne, um Informationen und Quellen zu sammeln, aber auch, um potenzielle Nachrichten/Meldungen aufzuspüren. Bei der Recherche werden sowohl die Facebookseiten der Unternehmen als auch die Profile der Mitarbeiter unter die Lupe genommen.
Da Facebook von Journalisten hauptsächlich für Recherchetätigkeiten genutzt wird, solltest du zunächst sichergehen, dass deine Facebookseite die Informationen bietet, die Journalisten für ihre Arbeit benötigen: Kontaktdaten, aussagekräftiges Bild- und Videomaterial sowie informative Beiträge über das Unternehmen.
Da das soziale Netzwerk hauptsächlich im privaten Bereich genutzt wird, solltest du darauf verzichten, Journalisten hier eine Kontaktanfrage zu schicken. Ausnahme: Journalisten, die Facebook sichtbar und klar kommuniziert beruflich und als Kontaktkanal nutzen.
Twitter wird von Journalisten nicht nur zur Informationsbeschaffung und Medienbeobachtung genutzt, sondern auch um die selbstverfassten Neuigkeiten und Artikel zu bewerben. Die Wahrscheinlichkeit, aktive Journalisten vorzufinden, ist höher als auf Facebook oder Xing. Auch hier werden die Twitterprofile der Unternehmen und der Mitarbeiter beobachtet.
Beim Twitterprofil für das Unternehmen sollte auf die gleichen Qualitätsstandards geachtet werden wie zuvor beim Facebookprofil.
Wenn du einem Journalisten via Direktnachricht auf Twitter einen Pitch für eine Pressemitteilung oder einen Artikel schicken willst, muss dieser direkt auf den Punkt gebracht sein – in der Kürze liegt die Würze. Schau dir das Profil des Journalisten an, an den du den Pitch versenden möchtest. Ist das von dir vorgeschlagene Thema aktuell für ihn/sie von Interesse? Gib nicht auf, wenn der Journalist nicht sofort reagiert. Ein einmaliges Follow-up geht für die meisten Redakteure in Ordnung.
Falls du vorab persönlichen Kontakt mit dem Journalisten gehabt hast, erhöht das deine Chancen auf jeden Fall. Grundsätzlich gilt: Nimm nach Möglichkeit nie kalt Kontakt auf, sondern baue immer im Vorfeld Beziehungen auf. Und zwar mehrere Wochen im Voraus.
Xing ist das deutsche Karrierenetzwerk. Hauptverwendung findet es für das Sammeln von relevanten Kontakten – sowohl bei PRlern als auch bei Journalisten. Es gibt momentan kaum eine bessere Plattform, um relevante Ansprechpartner ausfindig zu machen.
Du hast auf einer Veranstaltung eine Reihe von Journalisten kennengelernt, und sie haben dir ihre Visitenkarte hinterlassen? Ein guter Zeitpunkt, um dich mit ihnen auf Xing zu vernetzen. Im besten Fall fragst du noch vor Ort – also persönlich – ob eine Vernetzung auf Xing in Ordnung geht.
Mit genügend Erfahrung wirst du schnell wissen, für welche Themen sich deine Journalisten-Kontakte interessieren. Warum nicht ein kurzer und persönlicher Pitch via Xing, um festzustellen, ob dein Kontakt Interesse zeigt? Der heiße und persönliche und direkte Draht zu einem Kontakt ist oft der erfolgreichste.
Bitte achte aber auch hier darauf, dass deine Anfrage nicht gleich die erste Nachricht nach der Vernetzung ist. Sonst wird schnell klar, dass du nur auf deinen eigenen Vorteil aus bist.
Dos und Don’ts in der Social-Media-Kommunikation mit Journalisten
Nun weißt du, welche Netzwerke von Journalisten wie benutzt werden und wo es sinnvoll ist, sich mit ihnen zu vernetzen sowie zu kommunizieren.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Verhaltensweisen, die man mehr oder weniger an den Tag legen sollte, wenn man mit Journalisten via Social Media kommuniziert.
Dos
- Halte deine Medien-Liste aktuell!
Verwende Twitter-Listen, um die für dein Unternehmen sowie deine Branche wichtigsten Journalisten und ihre Berichterstattung zu beobachten. Ihre Tweets geben auch darüber Aufschluss, wofür sie sich in letzter Zeit besonders interessieren. - Erwähne relevante soziale Beiträge in deinem Pitch!
Je persönlicher dein Pitch ist, desto erfolgreicher wird er sein. Journalisten schätzen einzigartige und persönliche Ansprachen. Das zeigt, dass du dich mit dem Journalisten und seinen Beiträgen auseinandergesetzt hast. Echtes Interesse schadet nie. - Biete Mehrwert!
Teile relevante Inhalte aus deiner Branche und lasse Menschen in deinem Netzwerk passende Inhalte zukommen. So entstehen einzigartige Kommunikationsmöglichkeiten, die exklusive Inhalte für das Social-Media-Publikum deiner Kontakte – und unter Umständen auch interessierte Journalisten – schaffen. - Erweitere deinen Horizont!
Journalisten aus ähnlichen Branchen zu folgen, kann hilfreich sein, um Dinge aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten oder neue Ideen für Themen zu finden.
Don’ts
- In jedem Gespräch im Mittelpunkt stehen …
Es ist nicht immer die beste Idee, andauernd im Rampenlicht stehen zu wollen. Besonders dann nicht, wenn man zu aktuellen Gegebenheiten nichts Relevantes beizutragen hat. - Cross-Posts von Website und Social-Media-Profil automatisieren …
Wer in den Social Media richtig kommunizieren will, sollte die einzigartige Kommunikationsweise eines jeden Kanals kennen, anwenden und respektieren. Automatisierung sollte mit Bedacht eingesetzt werden. - Hashtags ohne vorherigen Check nutzen …
Nutze Hashtags nur, wenn du zuvor geprüft hast, wofür sie stehen und ob sie relevant für dein Unternehmen sind. Es ist sinnvoller, die Hashtags des eigenen Branchen-Publikums zu nutzen als die beliebtesten der Welt. - Nachrichten immer und immer wieder versenden …
Ja, Social Media sind schnelllebig, und die Lebenszeit eines Posts ist kurz. Das heißt aber nicht, dass man Meldungen beliebig oft wiederholt. Schneide die Meldungen und Nachrichten auf deine Zielgruppen zu und spreche sie auf die von ihr bevorzugte Weise an.
Social Media in der PR-Arbeit sind wichtig, aber nicht das Maß aller Dinge
Wenn du Journalisten in den Social Media ansprechen und erreichen willst, musst du wissen, was du tust: Es gilt die spezifischen Kommunikationsweisen der unterschiedlichen Social-Media-Kanäle zu berücksichtigen, aber auch darauf zu achten, welche Netzwerke von deinen journalistischen Ansprechpartnern genutzt werden.
Vergiss nicht, dass Journalisten nicht „immer online“ sind – das Zeitfenster beträgt laut neuesten Erkenntnissen zufolge etwa zwei Stunden pro Tag. Außerdem haben sie in den sozialen Medien möglicherweise mit viel Traffic und großen Datenmengen zu tun. Journalisten gehen bei der Nutzung von Social Media gezielt vor und nutzen diese hauptsächlich für Recherchetätigkeiten.
Im Vordergrund deiner PR-Aktivitäten sollte also die Optimierung deiner Online-Inhalte stehen – angefangen bei Website und Blog bis hin zu den Social-Media-Profilen. Erst danach macht es Sinn zu entscheiden, welchen Journalisten sowie Medien es in den sozialen Netzwerken zu folgen lohnt und welche dieser Kontakte du via Facebook & Co. mit für sie interessanten und relevanten Inhalten ansprechen solltest.
Und falls keiner der für deine Branche oder Unternehmen relevanten journalistischen Kontakte via Social Media kommuniziert, dann bleibt dir immer noch die gute alte E-Mail.
Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
Hat wirklich jemand behauptet, Journalisten seien Internet-Verweigerer?
Eine These, die ich mir eher vorstellen könnte, wäre die, dass Journalisten vor lauter Emails in ihrem Postfach keine Zeit haben, auf Facebook & Co nach News zu suchen, zumal die Suchfunktion in den SM nicht besonders gut funktioniert.
Hallo Herr Noll,
eine interessante These, die Sie da aufstellen. Ich denke, der Umstand, ob ein Journalist Social Media nutzt oder nicht, hat auch mit der Branche und den Themen zu tun, mit denen er oder sie sich auseinandersetzt. Meiner Erfahrung nach nutzen Journalisten im IT Bereich häufig Social Media, um sich über Unternehmen auf dem laufenden zu halten.
Wie kann man aber Journalisten finden, die sich mit deinem Thema interessieren können, wenn du dich im Ausland befindest?
Hallo Aneglika,
leider verstehe ich die Frage nicht ganz: Social Media Recherche kann man in jedem Land und mit einem guten Internet-Anschluss betreiben. Tools sind unabhängig von Standort. Oder meinen Sie ausländische Journalisten? Danke für die Aufklärung. :-)
Danke, ein hilfreicher Artikel. Eine Sache zu dem Punkt: „Wenn du einem Journalisten via Direktnachricht auf Twitter einen Pitch für eine Pressemitteilung oder einen Artikel schicken willst, muss dieser direkt auf den Punkt gebracht sein – in der Kürze liegt die Würze.“
Eine Direktnachricht kann man nur schicken, wenn der Adressat einem folgt.
Hallo Herr Janssen,
danke für den Hinweis. Ich versuche die Stelle im Text umzuformulieren.
Ein interessantes und sehr amüsantes Blog-/Buch-Projekt, dass sie da haben. ;)