Gamification als Führungsinstrument

Warum Führungskräfte über Gamification nachdenken sollten

Unternehmen sind faszinierende Gebilde. Gegründet, um eines oder mehrere Probleme einer Zielgruppe zu lösen, treffen völlig unterschiedliche Individuen aufeinander und arbeiten auf ein gemeinsames Ziel hin, welches sie durch ihren jeweils eigenen Beitrag möglich machen sollen.

Eigentlich eine Situation, die auch wie geschaffen ist für Ameisen, Bienen oder jede andere Spezies, die beispielhaft für das Prinzip der Schwarmintelligenz steht. Jedes einzelne Mitglied der angesprochenen Arten stellt sich ausnahmslos in den Dienst der Sache. Das einzige was zählt, ist die Erfüllung der vorgegebenen, individuellen Funktion, im Kontext des übergeordneten Ziels: Überleben des Schwarms. Dies funktioniert seit Millionen von Jahren und erlaubt es der einzelnen Spezies fortlaufend, sich an veränderte Rahmenbedingungen immer wieder anzupassen.

Wäre der Mensch ähnlich „konstruiert“, dann wären Teamwork, Kommunikation und Zielsetzung wohl kaum eine Herausforderung für heutige Unternehmen. Man stelle sich das mal vor: Alle unterschiedlichen Parteien innerhalb eines betriebswirtschaftlichen Umfelds wären sich einig über die Richtung, Ziele, Prozesse und Entscheidungen. Arbeiter, Manager, Vorstand, Aufsichtsrat, Lieferanten, Aktionäre, Lobbyisten – und viele mehr.

Sind sie aber nicht! Nicht mal innerhalb einer dieser Gruppen herrscht vollkommene Einigkeit. Überraschend ist diese Erkenntnis natürlich nicht.

Aber, verdammt noch mal, wenn es die Termiten schaffen, dann muss es uns doch erst recht gelingen, oder!? Nein! Das müssen und können wir nicht, denn im Unterschied zum Menschen haben diese Arten ein „Problem“ weniger: das Ego des Individuums. Das ist hier nicht negativ gemeint.

Individuelles Verlangen vs. Teamgedanke

Der Mensch ist vieles, aber eines davon ganz besonders: auf persönlichen Fortschritt und Weiterentwicklung bedacht. Er kann gar nicht anders. Aus diesem Verlangen heraus (und natürlich auch aus ein paar anderen) zieht der Mensch seine intrinsische Motivation. Dies sind die Momente, in denen er sich erfüllt, zufrieden und produktiv fühlt.

Aber muss solch ein individuelles Verlangen denn konträr zum Teamgedanken sein? Ist der Mensch einfach nicht gemacht für gute Kommunikation oder zielgerichtetes Handeln, bei gleichzeitiger Selbstbestimmung?

Und ob er das ist.

Jeden Tag begeben sich Millionen von Menschen zu ihrem Sportverein, um dort im Team und auch alleine Herausforderungen zu bestehen. Jeden Tag widmen sich Millionen Menschen ihrem Hobby, mit dem Verlangen voranzukommen und besser darin zu werden. Jeden Tag spielen Millionen Menschen Online-, Brett-, Kartenspiele und vieles mehr und bestehen hier sowohl gemeinsam als auch alleine unzählige Aufgaben. Alleine durch das Videospiel FIFA16 kamen so 1,5 Milliarden Spielstunden innerhalb von zwei Wochen zusammen. Dabei darf man nicht vergessen, dass ein großer Teil der Online-Spiele zusammen mit völlig fremden Menschen im Team bestritten werden. Kein Problem, sich hier für die Sache zusammenzuschließen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Niemals jedoch, ohne dabei die eigene Performance zu vernachlässigen. Individuelle Anforderungen und gemeinsame Ziele werden hier miteinander verknüpft und dies über Kulturen, Sprachen, Geschlechter und Alter hinweg. Da sollte jetzt jeder Führungskraft das Wasser im Munde zusammenlaufen, oder?

Fünf gemeinsame kleinste Nenner

Bei solch einem Potenzial ist es nur folgerichtig, die drei Bereiche Spiel, Sport & Hobby mal genauer zu betrachten, um herauszufinden, was denn dort jeweils für solch ein menschliches Verhalten „verantwortlich“ ist. Was ist der Grund dafür, dass wir als Spezies Herausforderungen, Überraschungen, Probleme, Regeln, Vielfalt usw. in manchen Situationen regelrecht begehren, und warum fällt es uns, gerade im Job, oftmals so schwer, genau damit umzugehen?

Seit 2009 beschäftige ich mich nun beruflich mit diesem Thema, und dabei sind mir fünf Elemente aufgefallen, die Spiel, Sport & Hobby gemeinsam haben, die wir aber gleichzeitig oft im beruflichen Alltag missen. Also eigentlich fünf kleinste gemeinsame Nenner, die den Menschen in einen Zustand höchster Offenheit, Zuversicht, Kooperationsbereitschaft, Selbstvertrauen und Lernbereitschaft versetzen. Es sind:

  1. Klare Ziele, Meilensteine & Regeln
  2. Informationstransparenz
  3. (Echtzeit-)Feedback
  4. Entscheidungsfreiheit
  5. Herausforderung

Diese „fünf Säulen“ findet man hier einzeln beschrieben und erklärt (auf Englisch):

Was das mit Gamification zu tun hat

Hier beginnt sich nun der Kreis zu einem Thema zu schließen, das in den vergangenen drei Jahren einen Hype erlebt hat. Wenn auch nicht unbedingt zu seinem Vorteil. Ich rede von Gamification.

Die offizielle Definition lautet: „Gamification ist die Anwendung von spieltypischen Elementen und Prozessen in einem nicht-spielerischen Kontext.“

Diese Definition verleitet leider sehr leicht dazu zu denken, dass es dabei darum geht, ein Spiel für einen bestimmten Arbeitsprozess/ein bestimmtes Problem zu bauen.

Dabei will Gamification nicht, dass sich etwas in ein klassisches Spiel verwandelt. Stattdessen geht es darum, den Alltag in einer Art und Weise, zum Beispiel mit Hilfe der fünf Säulen, so anzureichern, dass der Mensch auch dort die Möglichkeit hat, von den gleichen Elementen zu profitieren, die Spiel, Sport & Hobby so erfolgreich machen.

Der Mensch spielt, seit es ihn gibt. Das ist also keine Erfindung der Spielindustrie. Jedoch hat es keine andere Industrie besser verstanden, bestimmte Mechaniken und Bedingungen so gekonnt für das eigene Produkt einzusetzen. Der Erfolgszug der Spielindustrie, ebenso wie das Aufkommen des eSport-Bereichs, untermauern dies. Der Begriff Gamification ist daher vielmehr als eine Hommage an den Erfolg der Branche zu sehen. Zu glauben, man müsste klassisches Spielen und Arbeit jetzt komplett miteinander vermischen, ist schlichtweg falsch und sogar hinderlich.

Interessant für Führungskräfte?

Was bedeutet das im Kontext von Unternehmen und ihren Führungskräften?

Eine Menge: Aus Erfahrung kann ich sagen, dass der methodische Einsatz von Gamification es fördert, die Motivation, den Willen und die Umsetzungskompetenz des einzelnen Mitarbeiters mit den Zielen, Regeln und Dynamiken seines Umfeldes in Einklang zu bringen. Dank Gamification entsteht eine dichte Wechselbeziehung zwischen Mitarbeitern untereinander und der Organisation, die dafür notwendig ist.

Nehmen wir als Beispiel mal die allgegenwärtige Herausforderung für Unternehmen und Führungskräfte, die Weiterbildung der eigenen Leute zu sichern. In der Regel geschieht dies seit Ewigkeiten über das Mittel der extrinsischen Motivation. Heißt: über Belohnung oder „Strafe“. Wer an gewissen Präsenztrainings teilnimmt, Zertifikate erwirbt oder ähnliches, bekommt Zugang zu Projekten, die lukrativer sind, spannender sind, Aufstiegschancen versprechen, das Prestige erhöhen – oder halt nicht. Für die meisten Mitarbeiter bedeutet dies eine „erzwungene“ Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen, sofern sie diese Weiterbildung als nicht unbedingt notwendig für ihre eigene Arbeit erachten. Und wenn sie sie als notwendig erachten? Dann werden sie sich das Wissen freiwillig erarbeiten – den Willen, etwas zu erreichen, selbstverständlich vorausgesetzt. Sollten sie diesen Willen nicht haben bzw. den Sinn hinter der Weiterbildung nicht verstehen, werden sie zwar, extrinsisch motiviert, an der Weiterbildung teilnehmen, die Effektivität wird sich jedoch stark in Grenzen halten. Das haben wir wahrscheinlich fast alle bereits erlebt.

Hier ein fantastischer und erklärender TED-Talk zum Thema extrinsische und intrinsische Motivation:

Sollte die Weiterbildung wirklich sinnlos sein, in Bezug auf die Tätigkeit und die Herausforderungen der Mitarbeiter, dann sollte diese erst gar nicht stattfinden. Ist sie jedoch sinnvoll, dann ist das größte Problem, dass die Teilnehmer dies anscheinend nicht erkennen können. Ihnen gelingt es nicht, einen Bezug herzustellen zwischen ihren eigenen Fähigkeiten und den zukünftigen Herausforderungen des Jobs, um diesen erfolgreich zu bestehen und die bewusste Entscheidung diesen Weg auch „gehen zu wollen“.

Mehr Freiraum ist zu wenig

Spielerische Umgebungen basieren fast 100-prozentig auf der Notwendigkeit, Probleme lösen zu müssen und sich Fähigkeiten anzueignen, um dies bewerkstelligen zu können. Dabei sitzt jedoch kein „Spielmanager“ neben uns, um dafür zu sorgen, dass das Spiel pausiert, damit wir uns nun Google oder, so wie früher noch, den Handbüchern zuwenden können, um neue Spieltricks zu erlernen. Dies passiert jedoch oftmals dennoch. Im Spiel, im Sport und im Hobby fällt es uns sehr viel leichter als anderswo, zu erkennen, dass wir gerade an unsere Grenzen kommen. Wir haben alle Informationen jederzeit zur Verfügung, die uns dies vor Augen halten, und dank dem guten Feedback kommt diese Erkenntnis meist auch direkt. Gleichzeitig wissen wir, dank der klaren Kommunikation von Zielen, Meilensteinen, Regeln, der Performance unserer Kollegen und vielem mehr, ob und wann es an der Zeit ist, an uns selbst zu arbeiten. Dies sind die Voraussetzungen für eine gelungene und anhaltenden intrinsische Motivation.

Der Wunsch des Menschen nach Selbstbestimmtheit ist nicht zu unterschätzen. So wie Unternehmen jedoch organisiert sind und so wie dort Kommunikation und Transparenz bestimmt werden, läuft dies konträr zur Selbstbestimmtheit. Da reicht es einfach nicht, wenn eine Führungskraft seinen Mitarbeitern einfach „mehr Freiraum“ lässt. Die Rahmenbedingungen, wie angesprochen, sind einfach nicht dafür geeignet.

Um Gamification also gezielt als Führungskraft bzw. als Unternehmen einsetzen zu können, beginnt alles mit dem Schaffen der geeigneten Rahmenbedingungen. Hier haben wir mit den „fünf Säulen“ bereits Richtlinien kennengelernt.

Vier Emotionen müssen geweckt werden

Als zweiten Schritt geht man nun direkter auf den Kontext ein. Das heißt, man betrachtet nun genau den Aufgabenbreich, den der Mitarbeiter zu bewältigen hat, wie genau dieser zum operativen Geschehen der Organisation beiträgt und welche kritischen Aufgaben hier erledigt werden. Ähnlich wie wir es aus Spiel, Sport und Hobby kennen, gibt es eine Story, und innerhalb der Story geht es um die individuelle Performance. Auch gerne „Path to Mastery“ genannt. Oder Erfolgsweg. Dieser wird zum einen von den Vorgaben des Unternehmens bestimmt, aber zum anderen auch von der Erkenntnis des Mitarbeiters, was, wann, wie und mit wem notwendig ist. Nur wer den Sinn hinter dem Handeln allgemein erkennt, ist motiviert, etwas zu tun. Nur wer hier eine persönliche Verbindung zur notwendigen Aktivität aufbauen kann, hat den Willen, es umzusetzen. Und dazu kommt dann noch die notwendige Umsetzungskompetenz. Diese drei Elemente werden perfekt miteinander verbunden. Damit diese jedoch beim Menschen aktiviert werden – so hat man unter anderem in der Selbstbestimmungstheorie herausgefunden – gibt es vier Emotionen, die geweckt werden müssen:

  1. Verbundenheit: Wir wollen Teil von etwas Größerem sein: einer Story, einer Community.
  2. Autonomie: Wenn wir erfolgreich sind (jedoch nur weil wir genau das getan haben, was uns vorgesagt wurde), stellt sich kaum ein Zufriedenheitsgefühl ein.
  3. Fortschritt: Wir wollen immer besser werden bzw. vorankommen. Doch wenn wir das Gefühl haben, festzustecken, wechseln wir das Aufgabenfeld bzw. meist den Arbeitgeber.
  4. Sinnhaftigkeit: Wir wollen etwas bewegen. Für manche Berufe ist es leichter, einen offensichtlichen, fast schon epischen, Grund zu finden. Bei manchen ist es schwieriger. Aber es gibt fast immer einen guten Grund für jeden Job.

Dies im Blick behaltend, lohnt es sich, einen zu gamifizierenden Prozess folgendermaßen anzugehen:

  1. Plane für Geschäftsziele, aber designe für den Mitarbeiter.
  2. Motivation & Engagement basiert auf der Tätgikeit selbst und nicht der Belohnung danach.
  3. Im Zentrum von allem steht der persönliche Fortschritt.
  4. Unterscheide zwischen mechanischen und kognitiven Aktivitäten (vgl. oben: TED Talk Dan Pink).
  5. Messe, bewerte und biete möglichst schnelles Feedback.

Über die Jahre hat sich folgende Grundregel für uns bewährt, wenn es um die Frage „Sollen wir gamifizieren oder sollen wir nicht?“ geht:

Gamification kann dort angewendet werden …

  1. … wo Handlungen und Ergebnisse möglichst gut gemessen werden können.
  2. … wenn es sich um eine Arbeit handelt, in der man besser werden kann (Fließbandarbeit eignet sich somit kaum).
  3. … wo direktes Feedback für den Mitarbeiter geboten werden kann.

Kann man eine dieser drei Fragen nicht mit Ja beantworten, so muss man erst an diesem Problem arbeiten, bevor es Sinn macht, sich über Gamification Gedanken zu machen.

Nur ein erster Schritt

Gamification ist (leider) kein Tool, das einfach ausgepackt werden kann und so jede gewünschte Tätigkeit intrinsisch motivierend macht und das Engagement durch die Decke befördert. Dafür ist das Zusammenspiel menschlicher Motivation mit dem Willen und den eigenen Fähigkeiten dann doch etwas zu komplex. Aber das hat man auch nicht wirklich geglaubt oder? Hoffen durfte man natürlich. ;-)

Mit den drei Fragen zur Abklärung, ob Gamification geeignet sein könnte, den vier Grundemotionen, die befriedigt werden müssen, den fünf ersten Schritten für die Gestaltung einer gamifizierten Anwendung und den fünf Säulen, ohne die es keine geeigneten Rahmenbedingungen für Gamification gibt, habe ich – hoffentlich – etwas zum Verständnis des Themas beigetragen.

Ist man diese Punkte erst einmal durchgegangen, kann mit dem Gamification-Design begonnen werden. Das ist nichts für mal schnell zwischendurch, aber 100-prozentig eine lohnende Investition, wenn der Kontext stimmt. Aber so ist das ja mit allem!

Hast du noch Fragen oder Ideen zum Thema „Gamification für Führungskräfte“? Hier kannst du sie stellen.
Warum Führungskräfte über Gamification nachdenken sollten
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Roman Rackwitz

Roman Rackwitz

Roman Rackwitz gehört zu den Urgesteinen der internationalen Gamificationbranche und ist als ihr Evangelist, speziell im europäischen Raum, bekannt. 2012 wurde er von der Agentur Rise.Global in die Riege der Top 10 Gamification Experten international aufgenommen. Seit 2009 leitet er die Gamification Agentur Engaginglab, und 2016 gründete er die Social Media Agentur RACKSOCIAL.

6 Reaktionen zu “Warum Führungskräfte über Gamification nachdenken sollten”

  1. Sascha Tobias von Hirschfeld

    Hallo Roman,
    wir hatten das Vergnügen, Dich beim Thema ‚Gamification im B2B Marketing‘ auf Robert Wellers Blog (http://bit.ly/28NPVQJ) im Boot zu haben. — Im Nachhinein stellte sich uns die Frage, welche demografischen Aspekte beim Gamification Design eine Rolle spielen. Sicher sprechen Männer und Frauen unterschiedlich auf Gamification an. Wie siehst Du das?

    Antworten
    1. Roman Rackwitz
      Roman Rackwitz

      Hallo Sascha,
      ja, die Unterschiede gibt es. :-)
      So ist es zum Beispiel sehr interessant zu beobachten wie die unterschiedlichen Geschlechter im Bereich der Kollaboration agieren. Möchtest du Gamification einsetzen, um hier die Teamarbeit zu verbessern, dann ist es bei Männern oftmals ein sehr wichtiger Faktor, sie erst einmal ihre eigenen Fähigkeiten erkennen zu lassen bzw. das sie auch das Gefühl haben was zur Gruppe beitragen zu können. Erst wenn sie sich sicher sind, sich nicht zu blamieren, teilen sie ihr Wissen gerne mit der Gruppe.
      Frauen sind hier offener: Besonders innerhalb reiner Frauengruppen haben wir hier erlebt, dass sie gerne auch nach dem Motto vorgehen: „Ich weiß es nicht aber lasst es uns zusammen angehen.“ Hier kam das Team dann zeitlich viel früher in den Fokus, als bei den Männern, die sich erstmal um sich selbst kümmern wollten bevor es ins Team geht.

      Aber man muss auch sagen, dass man das nicht einfach pauschalisieren kann.

      Auch beim Alter gibt es oft Unterschiede, in Bezug auf Sinn und Zweck einer Handlung und dem persönlichen Imput. Jüngere Menschen, besonders wenn sie gerade erst aus der Uni heraus sind und frisch im Job sind, suchen meist nach schnellen Erfolgen. Sie wollen es sich selbst beweisen und sind noch auf der Suche, nach der eigenen Stellung. Ältere Mitmenschen können sich bereits besser einschätzen und haben ja oft auch schon ein geregelteres Umfeld (z.B. auch privat). Daher kann man sie eher für langfristigere Aufgaben begeistern und parallel dazu auch mit Herausforderungen, die sich dem Bereich der Selbstentwicklung zuschreiben lassen. Intrinsischer Fortschritt wird hier wichtiger als extrinsischer.

      Aber auch hier muss man sagen, dass der Kontext eine riesen Rolle spielt. Das heißt, auch für einen sehr erfahrenen und weisen Mann :-) wird das Verlangen nach erst einmal schnellen Erfolgen größer, wenn er sich in einem neuen Umfeld, mit neuen Regeln und Anforderungen, wiederfindet.

      Bezogen auf die Demographie könnten wir jetzt auch noch auf die kulturellen Unterschiede von Kollegen eingehen, usw.
      Demographie spielt also wirklich eine gewichtige Rolle!

      Antworten
  2. Ivana Walden
    Ivana Walden

    Servus Roman,
    ich verfolge schon seit einiger Zeit deine Beiträge und Videos zum Thema Gamification und ich finde diese „Einfachheit“ und „Selbstverständlichkeit“ des Konzeptes wahnsinnig spannend und gleichzeitig herausfordernd auf konkrete Beispiele umzulegen. Denn wie du sagst, Gamification bedeutet nicht „Spielchen spielen“.
    Die Herausforderung, die sich mir oft zeigt, ist die intrinsische Motivation bei Menschen zu wecken, die sich positiv auf die Unternehmensziele auswirkt. So manche Unternehmen machen es einem wahrlich nicht einfach. ;)
    Gleichzeitig haben auch viele Menschen – nicht nur Unternehmen – regelrecht Angst vor Freiheit und Selbstständigkeit. Ja, wahrscheinlich weil damit auch eine gewisse Verantwortung einhergeht. Aber ich finde nur so, kann Arbeit und Lernen wirklich Spaß machen.

    Toller Beitrag, vielen Dank dafür!

    Liebe Grüße aus Wien,
    Ivana

    Antworten
    1. Roman Rackwitz
      Roman Rackwitz

      Servus Ivana,
      vielen Dank für deine netten Worte und das klasse Feedback. Freut mich sehr und weiß ich sehr zu schätzen. Natürlich wird auch in Zukunft noch mehr kommen. :-)

      Was mich an dem Thema am meisten fasziniert ist, dass es sich eigentlich seit Entstehung unserer Spezies bewahrheitet hat. Der Mensch hat schon immer, jedenfalls soweit wir das zurückverfolgen können, die Rahmenbedingungen spielerischer Herausforderungen (5 Säulen) angewandt – meist unbewusst – um zu trainieren, zu lernen und besser zu werden. Es ist für uns ganz natürlich in solch einem Umfeld zu agieren. Die beste Möglichkeit, um Effektivität zu erreichen. Und da uns dies ’native‘ entgegenkommt, fällt es uns hier auch noch ‚gefühlt‘ leicht. :-)

      Richtig, die intrinsische Motivation zu wecken ist der Schlüssel. Bei den meisten Unternehmen gelingt das nur sehr, sehr schleppend und schwer. Warum? Weil diese von jeher (zumindest seit der klassischen Industrialisierung) perfekt um den Ansatz der extrinsischen Motivation herum aufgebaut sind. Deshalb gibt es die Hierarchien und vor allem auch das Mikromanagement. Daher gibt es die klassischen Inzentivierungen, usw.

      Das mag damals ja durchaus richtig gewesen sein, da es sich hier hauptsächlich um repetitive und eintönige Arbeiten gehandelt hat (Fließband, Massenfertigung, usw.). Dies ist an für sich schon eine unnatürliche Handlung für unser Gehirn (repetitiv und eintönig) und musste daher von außer ‚erzwungen‘ werden (extrinsische Motivation).
      In der heutigen Zeit der Dienstleistungen hat sich dies jedoch geändert: Nun geht es wieder mehr nach der individuellen kognitiven Leistung des Menschen, was wiederum natürlicher für uns ist. Extrinsische Motivation ist in solch einem Kontext nun eher kontraproduktiv, jedoch sind die Unternehmen nach wie vor danach ausgerichtet und perfektioniert. Hier den Umschwung herzuleiten ist eine Mammutaufgabe (wenn nicht oft sogar unmöglich?).

      Auch wenn immer alle danach schreien: Eine komplett selbstorganisierte Belegschaft möchte vor allem das mittlere Management am Ende kaum haben. Denn wer braucht sich dann noch?

      Vielen Dank nochmal für dein Feedback, Ivana. Freue mich jederzeit auf Austausch :-)

      Antworten
  3. Thomas Jenewein

    Hallo Roman, Danke Dir für den sehr guten Artikel sowie das nette Video auf meinen Retweet ?
    Ich finde vor allem Deine 5 Säulen sehr gut da es ein verständliches Modell ist. Mit den Motivationstheorien tu ich mir immer etwas schwer, es gibt eben sehr viele und nicht die eine. Octalysis finde ich ein gutes Rahmenwerk… Aber auch wieder etwas Komplex und eher deskriptiv.
    Denke dass eine der Herausforderungen vom Einsatz von Gamification ist, dass es an den Kontext designed werden muss und immer weiter entwickelt werden sollte – auch wenn man nur kleine Elemente nutzt. Die Vielfältigkeit ist zwar schön, macht es aber auch schwierig das Thema zu greifen oder einzuführen. Liegt natürlich am Thema… Schön jedenfalls dass hier auf Motivation oder Engagement fokussiert wird und nicht nur mechanistisch auf Effektivität und Effizienz.
    Eigentlich sollten ja die Prinzipien der Motivation oder des Engagements bei jeder Maßnahme, Projekt, Initianitve etc berücksichtigt werden, oder?
    Was vielleicht hilfreich wäre, wäre eine allgemeine Engagement Checkliste, um zu checken ob auch Gamification/ Motivation Elemente berücksichtigt wurden. Hast du sowas zufällig? Falls nicht – sollen wir sowas erstellen?
    Lg, Thomas

    Antworten
    1. Roman Rackwitz
      Roman Rackwitz

      Hallo Thomas, allein durch die schiere Menge antwortet man leider viel zu selten direkt auf Tweets, shares oder likes. :-)

      Du hast recht, was die Motivationen angeht gibt es unzählige. Für mich haben sich die vier oben genannten jedoch als Meta-Motivationen herausgestellt. Egal wen wir in den acht Jahren, seit ich das mache, befragt haben und egal welche Motivationen zuerst genannt wurden, nach zwei- bis dreimal fragen ‚Warum?‘ kam man eigentlich immer auf mindestens eine dieser vier.

      Ebenso mit den 5 Säulen. Natürlich kann das Zufall sein aber diese Rahmenbedingungen waren auch überall (zumindest mind. 3 davon) immer vorhanden bei Aktivitäten die freiwillig von Menschen gemacht wurden. Uns an diese Rahmenbedingungen zu halten, war immer sehr hilfreich.

      Richtig, es ist EINZIG UND ALLEIN der Kontext, der immer vorgibt wie, wann und mit wem Gamification eingesetzt werden kann. Regelmäßig finden wir Situationen vor, bei denen es – jedenfalls in diesem Moment – keinen Sinn macht Gamification zu nutzen. Oft arbeiten wir dann erst einmal daran, einen geeigneten Kontext zu schaffen. Und manchmal muss man auch wirklich einem Kunden absagen, da es mittel- bis langfristig sogar wahrscheinlich kontraproduktiv wäre es einzusetzen.

      Ich sehe das genau so: Zumindest überall wo es um kognitive Leistungen geht, sollten die Prinzipien der Motivation und des Engagements beachtet werden.

      Eine direkte Engagement Checkliste (jedenfalls so wie ich dich hier verstehe) haben wir nicht. Aber wir haben natürlich mittlerweile unsere Methodik und unsere Erfahrungen aus Projekten, und vergleichen bestehende Situationen dann oft mit unseren Aufzeichnungen. Was wir jedoch haben ist eine Hilfe von inzwischen ‚7 Praragraphen‘, die uns dabei helfen uns während dem gesamten Prozess der Gamification-Konzeptionierung, -umsetzung und -implementierung selbst zu kontrollieren. Diese 7 Paragraphen sorgen dafür, dass wir vor allem auf Langfristigkeit und sich selbst erhaltende Rückkopplungseffekte (Kybernetik) setzen. Diese 7 Paragraphen habe ich bisher noch nicht veröffentlicht, kommt vielleicht mal irgendwann ;-).

      Ja, das Octalysis ist zwar ein hilfreiches Framework, dass aber (und ich bin echt froh, dass das jemand auch mal so sieht wie ich) fast nur deskriptiv einsetzbar ist. Für mich ist es daher nicht nutzbar.

      Ich denke es wäre eine riesen Arbeit aber durchaus spannend, sich über solch eine Checkliste Gedanken zu machen. Kann diese dann bei der Analyse einer gegebenen Situation so eingesetzt werden, dass sie z.B. mit unserer Methodik einen normativen Prozess schaffen kann, dann wäre das genial. Spannend!

      Danke Thomas für Deinen Kommentar und den Austausch. Freut mich sehr.
      Beste Grüße, Roman

      Antworten

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