Feedbackkultur & New Work: Wie gute Kommunikation Teams weiterbringt
Feedback – dieses Wort ist heute in aller Munde. Die Rede ist von 360-Grad-Feedback, von Real-Time-Feedback und davon, dass Feedback der entscheidende Faktor beim viel gerühmten Kampf um Talente ist. Apps, Software-Services und ganze Management-Systeme und -Seminare haben das Ziel, besseres Feedback zu erzielen.
Doch trotz – oder gerade wegen? – all dieser Bemühungen ist es um die Feedbackkultur in vielen Unternehmen und Teams schlecht bestellt. Woran das liegt, was gutes Feedback ausmacht und wie es in Zeit von New Work und moderner Kommunikationstools funktionieren kann, darum geht es in diesem Beitrag.
Ist Feedback Kritik? Ein altes Missverständnis …
Wenn ich über Themen schreibe, schaue ich mir immer zuerst die grundlegende Definition der relevanten Begriffe an. In diesem Fall definiert Wikipedia Feedback im Kommunikationskontext wie folgt:
Feedback (engl. für „Rückmeldung, Rückinformation“) bezeichnet in der Kommunikation von Menschen die Rückübermittlung von Informationen durch den Empfänger einer Nachricht an den Sender jener Nachricht.
Diese Definition räumt bereits mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf: Feedback ist nicht mit Kritik gleichzusetzen.
Kann Feedback Kritik beinhalten? Natürlich. Wird es oft für die Kommunikation von Kritik verwendet? Auch hier: ja. Doch Feedback ist nicht immer Kritik, häufig handelt es sich um reine Informationen, Rückmeldungen und konstruktive Hinweise.
Was nach Wortklauberei klingt, ist meiner Erfahrung nach in der Praxis extrem wichtig. Denn wenn Mitarbeiter und Führungskräfte Feedback mit Kritik gleichsetzen, entsteht ganz automatisch ein (interner) Widerstand, und niemand mag sich so recht mit dem Thema befassen.
Gutes Feedback ist einfach und basiert auf klaren Regeln
Die klassischen Feedback-Regeln sind schnell erläutert. Sie sind einfach zu verstehen, jedoch nicht leicht umzusetzen. Feedback sollte …
- … aus der Ich-Perspektive formuliert sein.
- … nicht bewerten oder verurteilen.
- … auf Beobachtungen beruhen und nachvollziehbar sein.
- … konstruktiv sein.
- … konkret und klar formuliert sein.
- … sich auf veränderbare Eigenschaften und Themen beziehen.
- … nicht ungebeten vorgetragen werden.
Die Kurzform dieser Feedback-Regeln ist die sogenannte WWW-Formel: Feedbackgeber sollten ihre Wahrnehmung beschreiben, die Wirkung der Beobachtung erläutern und einen konstruktiven Wunsch formulieren.
Diese Regeln sind beileibe nicht neu. Tatsächlich sind sie schon so alt – und bewährt –, dass heute fast schon zwangsläufig Zweifel an ihrer Gültigkeit aufkommen. Angesichts moderner Kommunikationstools und der wachsenden Geschwindigkeit der Kommunikation, so das Argument, seien diese Regeln doch längst überholt.
Hier widerspreche ich deutlich. Sicher, die Rahmen- und Arbeitsbedingungen haben sich verändert und Feedback ist heute so wichtig wie vielleicht nie zuvor. Doch die Feedback-Regeln sind nach wie vor gültig. Sie reichen als reines Regelset jedoch nicht aus.
Um von Feedback wirklich zu profitieren und dadurch nicht nur produktiver zu sein, sondern auch menschenfreundliche und gute Arbeitsbedingungen und Teams zu schaffen, ist eine gute Feedbackkultur nötig. Und die entsteht meistens nicht von selbst.
New Work und Feedbackkultur sind eng verknüpft
„New Work“ wird als Begriff aktuell noch häufiger – und leider auch inflationärer – verwendet als das Wort „Feedback“. Lese ich mir einschlägige Artikel dazu durch, beschleicht mich jedoch der Eindruck, dass die Definition von New Work im besten Fall unscharf, im schlechtesten Fall beliebig ist.
Dabei steht hinter dem Begriff ein Konzept, das Ende der 1970er Jahre von Frithjof Bergmann entwickelt wurde. Sein New-Work-Konzept basiert auf drei Säulen, die Dr. Andreas Zeuch in seinem Glossar beschreibt als:
- Reduktion der Erwerbsarbeit auf ca. 50 Prozent
- (Freiberufliche) Arbeit, die man/frau „wirklich wirklich will“
- High-Tech-Subsistenzwirtschaft (z. B. mit 3D-Druckern)
Heute wird New Work oft als Synonym für flexible und vor allem selbstbestimmte Arbeitsmodelle verwendet. In diesem Sinne verwende ich den Begriff auch im vorliegenden Beitrag.
Schon bei den drei oben genannten Punkten wird die Verknüpfung von New Work und Feedbackkultur deutlich: Wenn die Arbeit flexibler gestaltet wird, Arbeitszeiten sich verändern und Kommunikation durch technologische Entwicklung immer schneller und universeller wird, spielt Feedback für den Zusammenhalt, die Funktion und vor allem die Stimmung und Atmosphäre in Teams eine immer wichtigere Rolle.
Nur mit einer guten und bewusst geschaffenen Feedbackkultur können die Menschen, die Teams ausmachen, dauerhaft gut miteinander arbeiten.
Eine gute Feedbackkultur ist vor allem Chefsache
So manche Führungskraft wird bei diesem Thema zustimmend nicken. Doch diese Zustimmung und die damit einhergehende Begeisterung verblassen schnell, wenn einige grundlegende Prinzipien geklärt werden. Die drei wichtigsten sind meiner Erfahrung nach:
- Eine gute Feedbackkultur ist kein Werkzeug für möglichst effizientes Arbeiten, sondern die Voraussetzung dafür, dass Mitarbeiter sich im Team wohlfühlen und gerne und intrinsisch motiviert an ihre Arbeit gehen.
- Eine gute Feedbackkultur basiert auf dem Respekt für die Mitmenschen und Teammitglieder, unabhängig von hierarchischen Positionen oder Aufgaben.
- Eine gute Feedbackkultur ist in erster Linie Aufgabe der Führungskraft. Kultur etabliert sich auf Dauer nur, wenn sie vorgelebt und aktiv gestaltet wird und ist damit eine klassische Führungsaufgabe.
Anhand dieser drei Punkte lässt sich leicht überprüfen, ob eine Feedbackkultur gut und ernst gemeint ist oder ob es sich um ein Label und Buzzword handelt, das neue Mitarbeiter anziehen soll. Letzteres wird nicht funktionieren.
Satya Nadella, seit Februar 2014 Geschäftsführer von Microsoft, ist einer der prominentesten Fürsprecher dieses Ansatzes. Die Position des Geschäftsführers heißt im Englischen Chief Executive Officer, kurz CEO. Nadella prägte in seinem lesenswerten Buch „Hit Refresh“ dazu den Satz:
The C in CEO stands for culture.
Seiner Auffassung nach ist es die Kernaufgabe eines Geschäftsführers – und von Leitungs- und Führungskräften allgemein –, die Kultur eines Unternehmens zu gestalten. Das gilt auch für die Feedbackkultur in Teams.
Feedbackkultur in Zeiten rasend schneller Kommunikation
Doch wie entsteht eine gute Feedbackkultur, und was macht sie letztlich aus? Sicher, die oben bereits erwähnten Feedback-Regeln, gegenseitiger Respekt, Vertrauen und die Bereitschaft zur Kommunikation im Team sind wichtige Voraussetzungen.
Doch selbst mit den besten Absichten und unter Berücksichtigung aller genannten Faktoren kann das Feedback innerhalb eines Teams an ganz praktischen und scheinbar banalen Faktoren scheitern. Eines der wichtigsten Themen ist dabei meiner Erfahrung nach die sinnvolle und bewusste Nutzung der Kommunikationstools und -kanäle.
Unternehmen und Teams kommen heute ohne E-Mail, Messenger, Intranet und andere Werkzeuge nicht mehr aus. Zwar gibt es verschiedene Ebenen, und nicht jedes Team nutzt alle technischen Möglichkeiten, doch die Kommunikation ist heute unbestreitbar komplexer als noch vor zehn Jahren.
Das schafft viele Chancen, bringt jedoch auch Risiken und Probleme mit sich. Je komplexer eine Situation ist und je mehr Möglichkeiten für die Kommunikation – und damit für das Feedback – zur Verfügung stehen, desto schwieriger gestaltet sich die Wahl des passenden Kanals. Zumindest dann, wenn es keine klaren Absprachen gibt. Genau die sind für eine gute Feedbackkultur jedoch nötig. Christoph Magnussen, Geschäftsführer und Gründer von Blackboat, bringt es im folgenden Video gut auf den Punkt.
Die wichtigsten Punkte:
- Ego ist der Feind guter Kommunikation und guten Feedbacks. Eine gute und gesunde Feedbackkultur hat keinen Platz für Ego-Spielchen, sondern dient dazu, dass alle Teammitglieder voneinander lernen, Erfahrungen austauschen, Wissen sichern und gemeinsam kreativ und produktiv sind.
- Je emotionaler ein Thema ist, desto synchroner muss die Kommunikation ablaufen. Synchrone Kommunikation besteht beispielsweise aus einem persönlichen Gespräch, einem Video-Call oder einem Telefonat. Hier werden neben Informationen auch Emotionen mit vermittelt und Missverständnisse können vermieden oder direkt aufgeklärt werden.
- Es ist klar definiert, welcher Kommunikationskanal welchem Zweck dient und welche Informationen wo kommuniziert werden. Und alle Teammitglieder sind im Umgang und der Nutzung mit den Tools geschult und können diese problemlos bedienen und einsetzen.
In der Praxis erachte ich es außerdem als extrem wichtig, die Regeln für die Nutzung der Kommunikationskanäle und deren Verwendung gemeinsam im Team festzulegen. Fragen wie „Wann muss ich erreichbar sein?“, „Wie kommuniziere ich in einem Notfall?“, „Wann gebe ich Feedback unter vier Augen, wann besser im Team?“ sollten gemeinsam beantwortet und daraus Guidelines abgeleitet werden. Bei Kollege Ivan Blatter gibt es weitere Anregungen für die sinnvolle Wahl und Nutzung der Kommunikationskanäle.
90- und 360-Grad-Feedback kurz erklärt
Wer sich mit Feedback beschäftigt, wird immer wieder auf zwei Methoden stoßen: das 90-Grad-Feedback und das 360-Grad-Feedback.
Beim 90-Grad-Feedback handelt es sich im Grunde um die Situation des klassischen Mitarbeitergesprächs. Die Führungskraft gibt eine Fremdbeurteilung ab, während der Mitarbeiter eine Selbstbeurteilung vornimmt. Das Feedback setzt sich dann aus beiden Beurteilungen zusammen.
Beim 360-Grad-Feedback sind die Quellen des Feedbacks zahlreicher. Hier kommen neben der Führungskraft und dem Mitarbeiter selbst auch seine direkten Kollegen, Kollegen anderer Abteilungen, Kunden und Kooperationspartner zur Geltung und geben ihre Einschätzung ab. 360-Grad-Feedback wird so objektiver und umfassender.
Aus meiner Sicht ist hier die Bezeichnung als „Feedback-Methode“ in beiden Fällen eher unglücklich gewählt. Denn in der Praxis werden beide Methoden viel zu oft für Beurteilungen und Bewertungen eingesetzt. Genau genommen ist das nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was gutes Feedback ausmacht.
Fünf Praxistipps für eine gute Feedbackkultur
Wenn Führungskräfte sich gemeinsam mit ihrem Team – dass es nur gemeinsam geht, dürfte inzwischen klar sein – auf den Weg machen, eine gute Feedbackkultur zu etablieren, kommen jede Mengen Fragen auf. Viele Faktoren wollen bedacht, zahlreiche Themen besprochen und die eine oder andere Haltung hinterfragt werden.
Damit der Start und der folgende Prozess einfacher – nicht leichter! – werden, habe ich zum Abschluss fünf Tipps zusammengestellt, die sich in meiner Praxis immer wieder bewährt haben. Sie kamen und kommen bei Unternehmen und Organisationen verschiedenster Branchen und Größen zum Einsatz und haben ihre Tauglichkeit unter Beweis gestellt.
1. Klärt das Warum!
Zu Beginn des Prozesses sollte die Frage nach dem Warum stehen. Die Mitglieder des Teams werden viel Zeit und Energie in die Entwicklung der gemeinsamen Regeln und die Etablierung der Feedbackkultur investieren. Und alle müssen sich im Alltag um die Umsetzung und Einhaltung der gemeinsamen Leitlinien bemühen. Ohne klares Warum und ein gemeinsames Verständnis für den Nutzen der Feedbackkultur ist das nicht möglich.
2. Macht Feedbackultur zur Chefsache!
Dass eine gute Feedbackkultur nur durch das Vorbild der Führungskräfte und deren aktive Gestaltung dauerhaft funktionieren und leben kann, habe ich oben bereits ausgeführt. Doch es reicht nicht, wenn Führungskräfte sich dem Thema verpflichtet fühlen. Sie sollten auch die Feedback-Regeln beherzigen und von Anfang klar kommunizieren, warum ihnen das Thema wichtig ist und dass sie selbst sich dafür einsetzen. Natürlich muss das Verhalten dann auch zur Aussage passen.
3. Stellt die Menschen in den Mittelpunkt!
Kann eine gute Feedbackkultur Teams kreativer und produktiver machen? Ja, natürlich. Doch das sollte nicht der Fokus bei ihrer Entwicklung sein. Der Fokus sollte vielmehr darauf liegen, Arbeitsumfeld und Teamatmosphäre so zu gestalten, dass sich die Teammitglieder wohlfühlen und gerne arbeiten. Und Menschen spüren es, wenn zwar vorgeblich ihr Wohl im Fokus steht, es der Führungskraft jedoch eigentlich nur um Produktivitätssteigerung geht. Intention zählt.
4. Unterstützt eure Mitarbeiter!
Egal wie technikaffin Mitarbeiter sind, egal wie hoch die Motivation ist und egal welche Tools bereits im Einsatz sind: Mitarbeiter brauchen Unterstützung, wenn es darum geht, neue Strukturen einzuführen – vielleicht sogar mit neuen Tools. Zeit und Ressourcen für Schulungen, Offsite-Meetings und die Möglichkeit, das Team aus dem Alltag herauszuziehen und gemeinsam in Ruhe und fokussiert an den neuen Grundlagen zu arbeiten, sollten vom Unternehmen geschaffen werden.
5. Seid offen für Veränderung!
Kulturen, die sich nicht nach und nach weiterentwickelt haben, können wir heute zur Genüge bestaunen – in Museen. Auch wenn der Vergleich ein wenig hinken mag: Die Feedbackkultur muss sich im Laufe der Zeit entwickeln und verändern dürfen, sonst ereilt sie das Schicksal ihrer historischen Vorbilder und sie geht unter. Auch wenn – oder gerade weil – viel Zeit in die Feedbackkultur investiert wird, ist es sinnvoll und notwendig, Veränderung zuzulassen. Wichtig ist nur, dass das gesamte Team regelmäßig gemeinsam daran arbeitet, die Feedbackkultur zu stärken und sich bei Bedarf auf neue Grundlagen verständigt.
Und jetzt freue ich mich auf Feedback zum Thema Feedbackkultur. Denn: Gutes Feedback bringt alle Beteiligten weiter.
Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
Danke für den schönen Artikel …und den Link zu meinem Artikel. :-)
Gerne mein Lieber. Er passte schön zum Thema. :)