Emotionen im Online-Videomarketing
Die menschliche Gefühlswelt ist äußerst komplex. Neben den sogenannten Basisemotionen wie zum Beispiel Angst, Freude oder Traurigkeit, die in allen Kulturen anzutreffen sind und die teils sogar überlebenswichtig sind, unterliegen wir Menschen noch zahlreichen anderen Gemütsbewegungen. Diese helfen uns dabei, uns zu entwickeln, Erlebtes zu bewerten und entsprechend kategorisiert zu speichern. Dinge, die wir mit einer bestimmten positiven Emotion verbinden, ordnet das limbische System unseres Gehirns also auch einer positiven Erinnerung zu.
Diese Eigenschaft des Menschen macht sich seit jeder die Werbung zunutze, und besonders geeignet dafür ist das Videomarketing.
Der erste Eindruck ist ein Gefühl
Produkte oder Marken, die per Video eine positive Emotion beim Betrachter auslösen, bleiben also langfristig im Gedächtnis haften und sind in Verbindung mit dieser Emotion jederzeit wieder abrufbar. Beides hinterlässt somit, noch bevor man eine direkte eigene Erfahrung mit dem Produkt oder der Marke gemacht hat, eine Art zustimmenden Effekt. Dieser kann sich dann später auf das Kaufverhalten auswirken.
So reicht schon der Besuch eines Supermarkts aus, damit uns unser Unterbewusstsein unter Umständen ein Schnippchen schlagen kann: Ohne groß darüber nachzudenken, greifen wir im Regal zu einem neuen Produkt, welches wir einfach mal ausprobieren wollen. Ist es vielleicht an einem der vergangenen Tage über unseren Monitor oder TV-Schirm geflimmert und hat sich bei uns im Hinterkopf eingenistet …? Gut möglich.
Selbstverständlich ist so etwas nicht immer der alleinige Grund für den Kauf eines bestimmten Produkts. Meist ist vielmehr – neben anderen Faktoren – der konkrete Bedarf eines Kunden der Hauptauslöser für den Kauf. Aber die positive Erinnerung an einen Werbespot kann durchaus eine unbewusste „Entscheidungshilfe“ für das Produkt sein. Dieses Verhalten der Konsumenten wird von der Werbeindustrie durch emotionales Marketing angesteuert.
Wie es damals war …
Einigen von euch ist mit Sicherheit noch die „heile Welt“ der Werbespots aus den 1970ern, 1980ern und 1990ern im Gedächtnis. Da stand Frau Antje in der Küche und zauberte innerhalb von Sekunden ein Abendmahl aus geronnener Milch für die gesamte Familie. Es hätte der Mond in den Vorgarten stürzen können – sie hätte weitergekocht. Nebenan im Bad machte sich Klementine derweil über die dreckige Wäsche der vom Spielplatz kommenden Kinder her, während Meister Proper dem Rest der Familie die neue Citrusformel präsentierte. Alle waren glücklich!
Aber mal Butter bei die Fische: Welcher der oben genannten Spots hätte heutzutage in den sozialen Netzwerken das Zeug dazu, ein viraler Kracher zu werden? Würde man diese Videos aus emotionalen Beweggründen tausend- oder gar millionenfach teilen? Die Chancen gehen wohl gegen null.
Emotionales Videomarketing im Wandel
Wie in vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft müssen heute fast schon Superlative her, will man eine hohe Viralität erreichen. Von Menschenmassen, die bei einem Flashmob für ein großes Telekommunikationsunternehmen mit einem angehenden Opernsänger singen, bis hin zu einem in die Jahre gekommenen Actiondarsteller, der per Spagat zwischen den Fahrerkabinen zweier fahrender schwedischer LKW „klebt“, ist hier alles denkbar.
Wer jetzt aber glaubt, dass es immer eines enormen Aufwands bedarf, um einen durch seine Emotionalität erfolgreichen Werbefilm zu produzieren, dem möchte ich nachfolgend ein paar andere Beispiele aus ganz verschiedenen Bereichen vorstellen. Diese wissen zum Teil auch mit deutlich weniger Aufwand zu bewegen.
Zwischenmenschliches berührt
Deutschland stand lange in dem Ruf, nicht nur schlechte bzw. international floppende Spielfilme, sondern auch recht einfalls- und emotionslose Werbeclips zu produzieren. Aber hier ist schon länger eine deutliche Veränderung zu erkennen. So zeigt der Spot einer bekannten Hautpflegecreme zum Muttertag (2,7 Millionen Zugriffe), dass wir auch anders können.
Es ist niedlich – ich will es!
Weiter geht es mit dem Werbefilm eines renommierten Herstellers für Action-Camcorder (26,3 Millionen Zugriffe). Diese Videokameras kommen vor allem dort zum Einsatz, wo hohe Anforderungen an das Material gestellt werden. Dazu zählen insbesondere sportliche Aktivitäten, aber auch überwachende Funktionen wie in diesem Fall hier.
Mit Angst und Entsetzen um Hilfe bitten
Leider ist es in unserer Welt nötig, dass wir auch Folgendes bewerben müssen. Save the Children ist die größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt. Schon alleine deswegen sollte sie hier genannt werden. Dieser Clip (46,5 Millionen Zugriffe) zeigt deutlich, dass man auch durch negative Gefühle wie Angst eine positive Emotion für eine wohltätige Organisation hervorrufen kann.
Tanz Forrest, tanz!
Schließen möchte ich mit einem Video aus einem völlig anderen Bereich (1 Million Zugriffe). Es handelt sich um ein sehr aktuelles Musikvideo, welches einfach erfrischend sympathisch und unerwartet daherkommt und viel Spaß macht. Schmunzeln garantiert! Wer genau aufpasst, der wird merken, dass es sich auch hier um einen kleinen versteckten Werbespot handelt.
Warum also mit Emotionen werben?
Ob wie oben im Marketing oder auch im Privaten wie beispielsweise mit Hochzeitsvideos – Emotionen bestimmen zunehmend die Filmproduktion. Immer häufiger treffen wir diese Art des Marketings in den sozialen Netzwerken an und verbreiten diese mitunter selbst weiter. Neben dem werbenden Vorteil einer Videoproduktion stellen sich die durch Emotionalität generierten Zusatznutzen für Unternehmen wie folgt dar:
- Positiver erster Eindruck des beworbenen Produkts
- Nachhaltige emotionale Kundenbindung
- Abheben von den Strategien der Mitbewerber
- Professioneller Content für den Social-Media-Bereich
- Bessere virale (und völlig kostenlose) Verbreitung des Videos
- Hohe Glaubwürdigkeit durch Peer-to-Peer-Kommunikation
- Direkter Kontakt zur Zielgruppe per Kommentarbereich
- Streuen und Bewerben der Online-Auftritte
Hallo Stefan,
ich denke, dass Werbung mit Videos noch mehr zunehmen wird, weil sie einfach sehr visuell und ansprechend ist.
Emotionen spielen generell im Verkauf eine große Rolle. Wie Du schreibst, werden Gefühle wie Angst, Entsetzen oder auch Freiheit, Jugend, Schönheit genutzt, um zum Kauf zu bewegen/manipulieren.
Ich denke auch, dass es häufig passiert, dass man etwas bewusst oder unbewusst kauft, weil man es in der Werbung gesehen hat oder weil man dabei ein gutes Gefühl hat.
Hier ist übrigens noch ein Link, den ich für einen Artikel über nervige Werbung verwendet habe http://www.bild.de/lifestyle/2014/werbespot/werbeslogans-die-wir-vermissen-was-macht-gute-werbung-aus-34545838.bild.html
Du erinnerst Dich wahrscheinlich auch an die meisten Videos.
Viele Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
vor zwei Tagen habe ich folgende Twitterperle gelesen: http://www.twitterperlen.de/2015/05/26/404/
Mir fiel nur ins Auge, dass auf die besagte Zeitung verlinkt wurde ;-)
Viele Grüße
Stefan
Autsch, direkt verblödete Autokorrekur!
Hallo Stefan,
es ist ja nicht alles schlecht, was in der Bildzeitung steht. Die Sammlung mit den Nostalgiewerbespots fand ich gut.
Viele Grüße
Claudia
Habe ich hier „Zeitung“ gelesen?? ;-)
Hallo Stefan,
heute gibt es fast alles online und offline, eben auch Zeitungen. Man könnte sich ja mal Gedanken machen über unterschiedliche Bezeichnungen. ;-)
Viele Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
mir ging es hier eher um die Bild in Kombination mit dem Wort Zeitung. Wurstblatt trifft es wohl eher. ;-)
LG
Stefan
Hallo Claudia,
danke für Deinen Kommentar. Nervige Werbung war einer der Gründe, warum ich vor über einem Jahr meinen Fernseher entsorgt habe. Nichts desto trotz halte ich mich natürlich auf dem Laufenden. ;-)
Mit Kopfschmerzen erinnere ich mich an Zitate wie: „Irgendetwas stimmt mit Hasi nicht.“ oder „Sie haben Hasi gerettet.“. Da war, für mich zumindest, der schöne Filmabend gelaufen.
Trotzdem nimmt man natürlich auch ohne dieses Medium reichlich Werbung zu sich.
Deswegen mag ich persönlich sehr gerne Filmproduktionen, die ihr Können voll ausspielen und ans Herz gehen. Diese nehmen glücklicherweise zu.
Liebe Grüße
Stefan
Hallo Stefan,
die Werbevideos im Link waren nicht als Beispiele für nervige Werbung gemeint, die haben mir nämlich gefallen. Ich finde es nur interessant, wie sich die Werbung im Laufe der Zeit durch die Digitalisierung entwickelt hat im Vergleich zu früher. Heute ist Werbung auffälliger, manipulativer, überfallartig (Pop-ups, etc.) und deshalb oft nervig.
Früher war sie einfacher, aber emotional ansprechend wie die nostalgischen Beispiele im Link zeigen.
Viele Grüße
Claudia
Hallo Claudia,
das hatte ich auch so verstanden. Du hast vollkommen recht mit dem was du schreibst.
Natürlich hat sich die Videoproduktion der zunehmenden Digitalisierung angepasst und nutzt die Möglichkeiten des viralen Marketings. So werden mittlerweile auch reine TV Spots mit diesem hohen Grad an Emotionalität produziert, weil die Nachfrage dafür da ist. Ich glaube der Kunde verlangt es einfach auch, da er es aus dem Onlinebereich so kennt und „zu schätzen“ gelernt hat.
Zumindest würde dies jenen Wandel erklären.
Liebe Grüße
Stefan
Hallo Stefan,
ich habe mir einige deiner eigenen Filmproduktionen angeschaut. Da bekommt man oft Gänsehaut.
Letztens bin ich auf die Kampagne „Sì“ von Giorgio Armani gestoßen. Hat mich ebenfalls sehr berührt. Verschiedene Videos zu Mut, Schicksal, Ego, Liebe und… wie passend: Emotionen. Einfach genial: https://www.youtube.com/channel/UCvhFrIsIyxsEqJY62y3DTKA
Beste Grüße
Steve
Hallo Steve,
danke für das Lob und das durchaus sehr schöne Beispiel. Im Netz finden sich natürlich zahlreiche solche Videos. Deswegen gibt es von mir auch noch ein Fundstück. :-)
https://www.youtube.com/watch?v=Bd1qCi5nSKw
LG
Stefan
Bilder sagen mehr als 1.000 Worte, das gilt auch für Videos. Danke für den guten Artikel und schöne Grüsse aus Osnabück.