Content für die Tonne: Welche Inhalte NICHT in einen Corporate Blog gehören

Content für die Tonne: Welche Inhalte NICHT in einen Corporate Blog gehören

Der eigene Unternehmensblog ist bei vielen Marketingstrategien die zentrale Content-Plattform. Content-Marketing ohne Blog? Schwierig. Inbound-Marketing ohne Blog? Unmöglich. Hat man sich erst einmal für das Schreiben entschieden, stellt sich allerdings schnell die Frage: Was denn nur? Zum Glück ist guter Rat nahe: Natürlich in Form zahlloser Blogartikel, die dem Wissbegierigen kurz und knapp erklären, wie das mit dem Schreiben denn so geht. Contentbasiertes Content-Marketing für Content-Marketer, also. Das ist gut, das ist sinnvoll und richtig. Allein: Bei der Umsetzung gehen auch gutgemeinte und sinnvolle Ratschläge klanglos wieder unter, so dass das Ergebnis dann etwas ganz anderes ist, als man eigentlich auf dem Zettel stehen hatte. Man kann deshalb die Frage auch andersherum stellen: Was sollte zum Schluss nicht auf dem Blog stehen? Eine Rundschau.

Clickbaiting und „heftige“ Headlines

Fangen wir oben an: bei den Überschriften. Gehen wir davon aus, dass du nicht im Stile von heftig.de oder Buzzfeed einfach nur um jeden Preis Klicks generieren willst, um Werbeeinnahmen zu erzielen. Klassisches „Clickbaiting“ mit Headlines wie „Diese Baby-Bulldogge erlebt zum ersten Mal Regen. So niedlich!“ ist dann für dich eh kein Thema. Das ist auch gut so. Das billige Herumreiten auf emotionalen Triggern stößt selbst bei Vierzehnjährigen nur noch selten auf Akzeptanz.

Clickbait Überschriften

Bild: mds.eu

Aber selbst wenn du dir fest vorgenommen hast, deine Inhalte mit echten journalistischen Qualitätsstandards zu erstellen, bist du immer nur einen Schritt von listicleähnlichen Headlines wie „Die 7 meistgelesenen Content-Formate“ oder „5 Tricks für doppelt so viele Social Shares“ entfernt. Der Grund dafür: Diese Überschriften funktionieren. Denn für den Leser erweckt eine solche Überschrift den Anschein einer konkreten, übersichtlichen, segmentierten und daher leicht zu rezipierenden Sammlung hilfreicher Tipps mit einem greifbaren Nutzenversprechen – und genau nach so etwas hat er ja gesucht.

Prinzipiell gibt es gegen solche Headlines deswegen auch wenig zu sagen, außer dass sie – zumindest aus meiner Sicht als Leser – bereits einem gewissen Abnutzungseffekt unterliegen und deswegen vielleicht nicht mehr allzu exzessiv eingesetzt werden sollten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich, dass sie die versprochenen Tipps und Tricks dann auch verbindlich ausliefern, sonst bleibt beim Leser nichts als Enttäuschung.

Selbstbebauchpinselung

Schön, wenn sich der Chef unter einem Corporate Blog eine bunte News-Mischung aus der ganzen Welt des Unternehmens vorstellt. Falls du allerdings nicht möchtest, dass der Chef auf absehbare Zeit der einzige Leser des Blogs bleibt, ist es doch ratsam, einen eher nutzerzentrierten Themenmix anzupeilen, anstatt inhaltlich nur in der firmeneigenen Suppe zu köcheln. Es ist sicherlich nicht verkehrt, auf dem Blog gelegentlich (!) ein neues Produkt vorzustellen oder „Gesicht zu zeigen“ – der letzte Betriebsausflug eignet sich dann aber doch besser für einen Facebook-Post als für einen Blogbeitrag. Und Vorsicht bei Firmenneuigkeiten: Hier wird gerne zu hoch („Wir bauen unseren Vorsprung bei der Weltmarktführerschaft aus“) oder zu niedrig („Unser Praktikant hat einen neuen Locher“) gezielt. Um so etwas zu umgehen, muss die Content-Strategie eben fest an die Unternehmens- und Markenwerte gekoppelt sein. Auf jeden Fall zu vermeiden sind (Eigen-)PR-lastige Selbstlobhudeleien im Stile überschwänglicher Pressemitteilungen – diese Art von Marketing-Geblubber liest niemand gerne. Wozu auch?

Bläh-Content

Nicht alle Tipps müssen zwangsläufig kompliziert sein. Tatsächlich sind wirklich gute Tipps meist sogar erstaunlich simpel. Umso ärgerlicher ist es für den Leser, wenn Ratgeber-Texte aufgrund vermeintlicher SEO-Anforderungen oder CI-Vorgaben künstlich aufgebläht werden. Die Einleitung eines Artikels, der Hauptteil und das Fazit bestehen lediglich aus Paraphrasierungen derselben Aussage? Ein eindeutiges Anzeichen für Bläh-Content. Wenn man einen genuinen Gedanken – und ein solcher darf in einem Blogartikel ja durchaus vorkommen – in 250 Wörtern ausdrücken kann, sollte man es dabei belassen und die Geduld des Lesers nicht mit Redundanz strapazieren.

Bläh Content

Quelle: Pixabay

Überstrapazierte Keywords

Klar: Um Content an den Mann zu bringen, muss man SEO-Kriterien erfüllen. Wer nicht gefunden wird, wird nicht gelesen. So einfach ist das. Obwohl ich kein ausgewiesener SEO-Experte bin, hat es sich aber selbst bis zu mir herumgesprochen, dass die Keyworddichte bei Suchmaschinen nicht mehr der wichtigste Rankingfaktor ist. Wenn man einem Text anmerkt, auf welches Suchwort er abzielt, ist das in der Regel extrem ungünstig für den Lesefluss und die gefühlte Textqualität.

Content-Overkill: Wenn das Maß voll ist

Es ist einem Autor eigentlich kaum vorzuwerfen, dass er ein Thema erschöpfend behandeln will. Vorwerfen lassen muss er sich allerdings, wenn er völlig das Maß aus den Augen verliert. Zu lange Texte kommen den Online-Lesegewohnheiten nicht entgegen – verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass der Interessent nach einer raschen Lösung (s)eines Problems sucht. Rundumschlag-Evergreen-Mammut-Beiträge haben zwar ihre Existenzberechtigung, dennoch sollte man darauf achten, dass nicht jeder Blogbeitrag endlos ausufert.

Textwüsten

Unter Textwüsten verstehe ich zwei verschiedene Dinge. Erstens, wenn man vergessen hat, eine adäquate Bebilderung für seinen Artikel zu organisieren. Das ist bei den Möglichkeiten, die man heute durch das Einbinden von Videos, GIFs, Grafiken, Memes, Tweets, Fotos und dergleichen hat, nachgerade unverzeihlich – sowohl was das Layout als auch was den Inhalt angeht.

Die zweite Form der Textwüste ist noch trauriger: Sie entsteht durch zu strenge Quality-Gates und höhlt einen Artikel von innen aus. Der Geschäftsführer streicht eine Passage, in der er ein Betriebsgeheimnis ausgeplaudert sieht? In Ordnung – allerdings streicht man damit wahrscheinlich auch die Informationen, die für den Leser eben besonders interessant gewesen wären. Der Artikel wird dadurch quasi entkernt. Dasselbe gilt für vollkommen glattgebügelte, überredigierte Artikel, die keinerlei Kante mehr bieten. Die tun dann vielleicht niemandem weh und entsprechen der Policy, sind aber entweder so leblos wie ein Stück Landstraße bei Kassel oder so spröde wie eine Einfuhrbescheinigung für landwirtschaftliches Großgerät beim Zoll.

Geklauter Content

„Wir brauchen da mal ganz schnell einen Artikel zu …“ – wenn dieser Satz fällt, ist Vorsicht geboten. Sicherlich muss man auf aktuelle Themen und Trends auch einigermaßen zügig reagieren, und so flexibel sollte der Themenplan eines Unternehmensblogs auch sein. Meist kommen solche Schnellvorstöße allerdings daher, dass Herr Meier vom Vertrieb einen großartigen Beitrag gelesen oder sich ein tolles E-Book auf Englisch heruntergeladen hat und nun auch so etwas möchte – und zwar mit wenig Aufwand und „asap“. Dann wird „quick and dirty“ kurzerhand kopiert, collagiert und adaptiert, was das Zeug hält. Das Problem dabei: Erstens ist dies nicht die feine englische Art (zudem gegebenenfalls sogar ein abmahnbarer Verstoß gegen Urheberrechte), zweitens gewinnt die Qualität bei Übersetzungen und Neuauflagen nur in den seltensten Fällen hinzu. Und schon steht ein Blog mit mittelmäßigem Content da.

Halbwissen

Eine der gängigen Fragen ist ja: Wo kommt der ganze Input für den zu erstellenden Content eigentlich her? Üblicherweise schwirren in Marketing, Vertrieb und Kundenprojekten genügend Präsentationen, Dokumentationen und Konzepte herum, um einen Themenplan für das komplette nächste Kalenderjahr problemlos zu füllen.

Hier darf man getrost zugreifen. Allerdings ist es empfehlenswert, bei der Ausarbeitung der Blogartikel auch die ursprünglichen Wissensträger noch einmal mit ins Boot zu holen – sonst riskiert man im Sinne der Flüsterpost Informationsverluste und veröffentlicht im schlimmsten Fall halbgares, überholtes oder sonstwie unzutreffendes „Fachwissen“ – ein absolutes No-Go!

Selbstgestricktes

Dein Kollege vom Vertrieb ist der geborene Verkäufer? Das mit allen Wassern gewaschene Verkaufsgenie, das nie um eine Antwort verlegen ist und immer einen flotten Spruch auf Lager hat? Mag sein. Allerdings heißt das nicht automatisch, dass sich seine zweifellos vorhandene Wortgewandtheit und Eloquenz auch im Geschriebenen widerspiegelt. Wenn du solche Kollegen hast, bürde ihnen keine Textarbeit auf – auch wenn es für den Chef einfacher zu sein scheint, wenn der Kollege „das eben schnell selber macht“. Viele Menschen tun sich mit dem Schreiben schwer, und dies merkt man den Texten dann auch an. Nutze sie stattdessen als Wissensträger und setze auf einen bewährten Texter oder Redakteur.

Satire, Ironie und Zynismus

Ich mag Satire. Deshalb finde ich es schade, dass es im Content-Marketing so wenig zu lachen gibt und so wenig Augenmerk auf den Unterhaltungsaspekt gelegt wird. Man findet hier und da ein Augenzwinkern oder humorige Ansätze, wie etwa die Marketing-Cartoons von Tom Fishburne. Die meiste Verbreitung hat allerdings der Brustton wissenschaftlich fundierter Deutungshoheit, der offenbar als Qualitätssiegel journalistischer Texte dient. Und der ist leider ebenso seriös wie langweilig.

Sicherlich ist es richtig, dass Komik auch erst einmal verstanden werden muss. Auch gibt es beim Geschriebenen mehr Spielraum für Missverständnisse als in der gesprochenen Sprache, die von Mimik und Gestik begleitet wird. Vor diesen Missverständnissen scheut man sich in Zeiten von Shitstorms und direkter Leserreplik. Allerdings räumt beispielsweise die gute alte Tageszeitung mit der Glosse der Polemik durchaus Raum ein. Hier traut man dem Leser also Differenzierungsvermögen zu. Bis sich dies herumgesprochen hat, müssen wir aber wohl weiter mit unseren bierernst vorgetragenen Fachartikeln leben.

Content im Spannungsfeld zwischen Nutzwert und Conversion

Diese Erkenntnisse sind nun alles andere als neu. Warum tun sich so viele Mittelständler dann aber so schwer bei der Umsetzung?

Hier ein Erklärungsversuch: Beim Content-Marketing sollen die Inhalte hilfreich, nützlich, praktisch und im besten Fall auch noch unterhaltend sein. Das wissen wir bereits, ebenso wissen wir um die maßgebliche Bedeutung der Nutzerperspektive. Für diesen Perspektivenwechsel von Push zu Pull muss sich so mancher altgediente Vertriebler oder Marketer schon geradezu auf den Kopf stellen – so tief verwurzelt sind die alten Werbe- und Abschlussreflexe.

Für Verantwortliche in Marketing, Vertrieb und Geschäftsführung gleicht das Konzept des Content-Marketings deswegen der Quadratur des Kreises: Denn einerseits soll für die – hoffentlich definierten – Personas eine Lösung für deren Probleme („Pain Points“) präsentiert werden. Andererseits sollen die Texte aber auch performanceorientiert sein und beispielsweise beim Inbound-Marketing zum Klick auf einen Call-to-Action und möglichst zur Conversion auf einer Landingpage führen.

Das Problem: Nutzwert der Inhalte und Performance-Orientierung schließen sich zwar nicht direkt aus, stehen sich aber irgendwie dann doch gegenüber. Denn schnell verfällt man in althergebrachte Denkmuster – wenn man von Lösungen schreiben soll, bieten sich doch die eigenen Produkte und Dienstleistungen an, nicht wahr? Wenn man mehr Performance möchte, wie wäre es mit noch einer Handlungsaufforderung hier, einem Mailing da und einem weiteren Call-to-Action dort? Das steigert doch die Conversion! Aber: Nicht jeder Leser goutiert es, wenn er die gesuchten Informationen zwischen einem störenden Wust aus „Klick jetzt hier“, „Kennen Sie schon unser …?“ und „Das E-Book zum Thema“ zusammenklauben muss oder massenweise Spam-Mails aus seinem Posteingang löschen darf.

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Fazit: So nutzerorientiert wie möglich, so conversionorientiert wie nötig!

Content bewegt sich immer in diesem Spannungsfeld: Man kann nicht nur für den Leser schreiben, denn das Ganze ist ja kein Selbstzweck, man muss aber für ihn schreiben, sonst greift der ganze Ansatz nicht. So nutzerorientiert wie möglich, so conversionorientiert wie nötig, ist aus meiner Sicht ein guter Ansatz – obwohl viele Conversion- und Traffic-Getriebene dem vehement widersprechen würden. Ich bin gespannt, wo sich auf lange Sicht die Nadel einpendeln wird.

Artikelbild: Martn Mummel/GRVTY

Hast du noch andere Beispiele für Inhalte, die definitiv nicht in einen Corporate Blog gehören? Wie ist deine Meinung zum Spannungsfeld Nutzerorientierung vs. Conversion-Optimierung?
Content für die Tonne: Welche Inhalte NICHT in einen Corporate Blog gehören
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Robert Nagel

Robert Nagel

Robert Nagel ist Redakteur bei der mds. Agenturgruppe. Er schreibt in Berlin zu den Themen Digitaltransformation, Prozessentwicklung, Social Media, Online-Marketing sowie zu weiteren strategischen und operativen Themen der Produkt- und Vertriebskommunikation. Die mds unterstützt mittelständische Unternehmen in internationalen und digital vernetzten Geschäftsumfeldern.

9 Reaktionen zu “Content für die Tonne: Welche Inhalte NICHT in einen Corporate Blog gehören”

  1. Alex

    Hallo Robert!
    Klasse Blogartikel,
    da steckt nicht nur Wahrheit drin sondern auch Mühe und viel Erfahrung von dir !

    Gruß Alex

    Antworten
    1. Robert Nagel
      Robert Nagel

      Hi Alex,
      danke Dir und beste Grüße zurück!
      Robert

      Antworten
  2. Rita

    Solche Artikel machen mir Spaß! Flüssig und spritzig geschrieben, leicht und schnell zu lesen. Und endlich gibt der Praktikant Ruhe, weil er einen neuen Locher hat ;-)
    LG Rita

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  3. Micha Kandziora

    Das ist doch mal ein richtig netter Artikel zum Thema bloggen, zu lesen mit einem kleinen Augenzwinkern. Wirklich gut gemacht! ;-)

    Antworten
    1. Robert Nagel
      Robert Nagel

      Hallo Rita & Micha,

      ganz herzlichen Dank für die lobenden Worte. Freut mich sehr!

      Beste Grüße
      Robert

      Antworten
  4. Tom Ruthemann

    Ganz toller Artikel. Voll auf die Zwölf!

    Als ganz kleine Ergänzung (gegen das hier kann ich nicht anstinken) vielleicht noch ein paar Zeilen von mir, die ich letztens mal schrieb: »Schlechte Ideen im Content-Marketing. Oder: Warum man Leser ernst nehmen sollte«
    http://www.profi-news.de/textblog/konzept/schlechte-ideen-im-content-marketing-oder-warum-man-leser-ernst-nehmen-sollte/

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  5. Claudia

    Übersichtlich, viele Inhalte und trotzdem gut zu lesen. Danke dafür.

    Antworten
    1. Robert Nagel
      Robert Nagel

      Hallo Claudia,

      vielen Dank für den netten Kommentar!

      Herzliche Grüße
      Robert

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  6. Marcus Burk

    Sehr guter Artikel! Bei so manchem Punkt habe ich mich wiedererkannt ;)

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