Content-Recherche im Content-Marketing: Mit journalistischen Methoden inhaltliche Qualität sicherstellen
Es ist ganz einfach: Content kann niemals allumfassend und perfekt sein. Auch wenn die Zielgruppe sich derartige Inhaltsangebote wünscht. Mein Beitrag nähert sich dieser komplexen Thematik praxisorientiert. Er möchte aufzeigen, dass eine fundierte Faktenplattform, auf Basis journalistischer Recherche, vielleicht nicht umfassende Vollständigkeit garantiert – aber sicherlich ein guter Weg zu diesem Ziel ist. Wer sagt schließlich, dass wir Content-Nerds nicht zumindest bis ganz nah ran an die Perfektion arbeiten sollten?
Dieser Beitrag zeigt die Wertigkeit der Recherche auf und gibt Tipps, wie sich Marketer und Kommunikatoren journalistischer Methoden bedienen können, um Inhalte zu schaffen, die mehr Fragen beantworten als aufwerfen. Denn das ist selbst in unserer Branche ab und an leider nicht selbstverständlich.
Da kommt noch mehr: Content-Marketing ist das mit Abstand wichtigste Marketingthema 2018
Inhalte von Unternehmen, Start-ups und Selbstständigen befinden sich vor dem Hintergrund einer wahren Contentflut in einem grausamen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit und Wertschätzung der Zielgruppen und Suchmaschinen. Egal ob es sich um Texte, visuelle Inhalte oder Bewegtbild handelt. Um hier bestehen zu können, müssen die Inhalte entlang der Customer Journey, mit starkem Fokus auf den Mehrwert der Rezipienten, wirken und gezielt Engagement auslösen.
Schaffen sie das nicht, macht es „Puff“. Dann bleibt nur weißer Rauch, Buchstabensuppe, Pixelmüll und der stechende Geruch nach verbrannten Budgets.
Und als wäre das nicht schon genug Herausforderung, sieht es ganz danach aus, als würde da in Zukunft noch das eine oder andere Content-Stück zusätzlich produziert werden. Laut der absolit-Studie „Digital-Marketing-Trends 2018“ ist Content-Marketing nämlich das mit Abstand wichtigste Marketingthema deutscher Unternehmen:
Quelle: absolit
Für die Untersuchung wurden 1.208 Online-Marketing-Verantwortliche aus elf Branchen bzw. 1.120 Unternehmen befragt. Sie bewerten Content-Marketing überdies als relevanteste „Technik“, um Leads und Umsatz zu steigern:
Quelle: absolit
Die Recherche für Qualitätscontent kostet Zeit … Viel Zeit!
Nicht nur, aber vor allem wir von Zielbar empfehlen vor diesem Hintergrund, kompromisslos auf Content-Qualität zu setzen, um im Content-Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Die Zielgruppen sind nämlich verwöhnt.
Hier eine kleine Artikelauswahl zum Thema:
- Content Qualität – und warum Sie diesen Text lesen sollten von Klaus Eck
- Content-Qualität: Warum die meisten Corporate Blogs nicht richtig zünden von Benjamin Brückner
Damit Inhalte nicht auf die oben beschriebene Art wirkungslos verpuffen, müssen sie die Fragen der Rezipienten beantworten, Nutzen liefern oder einfach nur gut unterhalten – je nach Zielsetzung. Das klingt banaler, als es tatsächlich ist. Denn um solchen Qualitätscontent (kontinuierlich!) zu schaffen, ist Handwerkszeug gefragt. Ganz am Anfang steht nach der Themenfindung die Recherche, also die Suche nach relevanten Informationen.
Und um das gleich vorweg zu nehmen: Recherche benötigt Zeit! Miriam Löffler hat das in ihrem Content-Marketing-Standardwerk „Think Content“ (1. Auflage, 2014, Galileo Press) wie folgt formuliert:
Beim Texten gilt die 3-3-3-Regel: Ein Drittel der Zeit fließt in die Vorarbeit, ein Drittel in den Schreibprozess und das letzte Drittel ins Lektorat … Wenn Sie allerdings einen wirklich guten Text für Ihre Leser und die Suchmaschinen verfassen wollen, geht das nicht ohne das nötige Wissen und die Liebe zum Detail.
Erfahrene Texter wissen, dass je nach Kundenprojekt bzw. Themengebiet der Rechercheanteil sogar noch größer wird. Aktuelles Beispiel: In einem Projekt, das wir von Zielbar für einen unserer Kunden im vergangenen Monat umgesetzt haben, ging es um Finanzthemen. Daran waren drei journalistisch ausgebildete und erfahrene Autoren beteiligt. Bei allen nahm die Recherche knapp 50 Prozent der kompletten Produktionszeit ein. Am schnellsten ging das Schreiben selbst …
Der Ablauf einer journalistisch fundierten Recherche
Wie bereits erwähnt: Nachdem das Thema bestimmt ist, beginnt die Recherche. Achtung: An dieser Stelle kann es noch keinen endgültigen Themenzuschnitt geben, da die einzelnen Fakten ja noch nicht bekannt sind.
Die Recherche läuft zumeist wie folgt ab:
Geeignete Quellen identifizieren und Informationen sammeln
Die gute Nachricht gleich zu Beginn: Es gibt da draußen zu jedem Thema – sei es auch noch so nischig – hunderte Quellen. Online, offline oder in Form von Experten. Somit steht am Anfang das Sammeln und Zusammentragen von Informationen, um eine möglichst breite Faktenplattform zu schaffen. Die schlechte Nachricht: Von den vielen Quellen eignen sich nicht alle für eine saubere Recherche. Im Gegenteil! Deshalb sollte zu jeder Recherche auch das Hinterfragen der jeweiligen Quelle gehören.
Aber wie findet man „gute“ Quellen?
Die Frage ist natürlich extrem komplex, deshalb hier sechs Kriterien, die auf eher valide bzw. vertrauensvolle Quellen hinweisen:
- Das jeweilige Informationsangebot hat einen klar ersichtlichen Urheber – sei es der Autor eines Fachbeitrags oder der Herausgeber der Quelle. Am Beispiel Zielbar bedeutet das: Dieser Beitrag ist mit einem Autorenprofil von einem gewissen Marc Ostermann versehen. Im Impressum steht darüber hinaus der ehrenvolle Gründer unseres Projekts: Steve Naumann. Insgesamt scheint es sich bei diesem Online-Magazin also um eine vertrauensvolle Quelle zu handeln, denn ein Quercheck der beiden Namen ergibt keine negativen Ergebnisse, sondern unterstreicht die vorhandene Kompetenz in den Themenbereichen Online-Marketing und Content-Marketing.
- Das Content-Angebot basiert auf nachvollziehbaren, das heißt nachprüfbaren Fakten, wie Erhebungen, Studien, Umfragen oder seriöser Quellenarbeit, inklusive korrekter Quellenangaben (damit ist das korrekte Zitieren oder Verlinken gemeint).
- Die Informationen sind möglichst aktuell, so dass sie dem derzeit gültigen Informationsstand entsprechen. Weil alt ist nun einmal zu alt.
- Das Contentangebot lässt keine Meinungsmache oder andere zweifelhaften Absichten erkennen Also: Augen auf bei der Recherche – und immer wieder mit Querrecherchen arbeiten, die die Reputation einer Quelle belegen.
- Die Qualität stimmt. Es wimmelt nicht vor Rechtschreibfehlern und Grammatikexperimenten.
- Im Optimalfall handelt es sich um die Originalquelle einer Information. Beispiel: Neben der Berichterstattung über eine aktuelle Studie empfiehlt es sich, selbst die Originalquelle zu recherchieren, um die Methodik sowie das Datenmaterial besser beurteilen zu können. Ist vielleicht nicht so bequem, aber professionell.
Ergänzend noch drei Bemerkungen aus der Recherchepraxis:
- Würde man den Erkenntnisgewinn einer Recherche in einem Koordinatensystem darstellen, ginge der Graph gleich nach dem Start stark nach oben, denn anfangs ist ein Großteil der Fakten neu. Der Graph würde dann kurz auf einem Plateau verweilen und allmählich wieder abflachen. Denn nach und nach wiederholen sich die Informationen, andere sind bereits veraltet, und einzelne Quellen widersprechen sich vielleicht sogar. Das bedeutet: Dieser Mechanik sollten sich Recherchierende bewusst sein, um sich nicht im Sammeln von Informationen zu verlieren. Denn zurück auf den Nullwert kehrt der Graph nicht. Irgendwo (und sei es in der letzten Ecke des Internets) lassen sich immer noch neue Aspekte finden. Fraglich ist lediglich, ob diese wirklich noch benötigt werden.
- Rund 90 Prozent der recherchierten Informationen werden nämlich gar nicht verwendet, so die Faustregel. Sie fallen später beim endgültigen Themenzuschnitt weg. Ja, das ist empirische Evidenz – hier: Berufserfahrung.
- Recherchieren ist nicht gleichbedeutend mit Googeln. Zum einen gibt es auch relevante Offline-Quellen (Printmedien, TV, Radio, Fachliteratur, Lehrbücher, Archive), zum anderen filtert die Suchmaschine die Informationen stark vor. Deshalb empfiehlt es sich, im Rechercheprozess sogenannte Meta-Suchmaschinen zu nutzen. Die größte und wohl bekannteste deutsche Meta-Suchmaschine ist MetaGer, betrieben von SUMA-EV, einem Verein für freien Wissenszugang. Sie fragt – nach eigenen Angaben – bis zu 50 unterschiedliche Suchmaschinen ab. Das erhöht die Quellen-Vielfalt deutlich, was insbesondere für Nischenthemen hilfreich ist.
Bewerten, Sortieren und Aufbereiten der Informationen
Je nach methodischem Vorgehen, und oftmals auch aufgrund ganz schlichter Vorlieben, sind die gesammelten Quellen sowie deren wichtigste Informationen jetzt in einem Dokument (Word o. ä.), einem geeigneten Tool (Evernote, Microsoft OneNote …) oder handschriftlich erfasst.
Als nächstes müssen die so erlangten Informationen gesichtet, bewertet, sortiert und aufbereitet werden. Komplexitätsreduktion lautet hier das Stichwort. Schließlich arbeiten wir uns systematisch vom Allgemeinen zum Speziellen vor.
An diesem Punkt muss die Recherche auf die wesentlichen Punkte und Kernaussagen eingedampft werden, ansonsten erschlägt die Informationsfülle die Recherchierenden. Anders formuliert: Die Suche wird an diesem Punkt verfeinert.
Leitfragen dafür sind:
- Was ist wichtig, also relevant für das geplante Thema?
- Welche Quellen bzw. Inhalte führen zu sehr vom Kernthema weg?
- Welche Infos wiederholen sich und wo finden sich die Originalinformationen?
- Welche Quelle liefert die aktuellsten Fakten?
- Gibt es Unklarheiten, die jetzt schon gecheckt werden sollten, da sie ansonsten die weitere Recherche in die Irre führen? Darauf sollten Recherchierende unbedingt achten, sonst wird die gute Miene schnell zum bösen Spiel. Beispiel: Ist mit dem Begriff „Pompfe“ jetzt die im Ruhrgebiet verbreitete Bezeichnung für Pommesbude gemeint, oder vielleicht doch – der aufgrund seiner weichen Materialien „Polsterwaffe“ genannte – Nachbau einer Hieb- und Stichwaffe? Ist ja vielleicht nicht ganz unerheblich.
- Welche Aspekte müssen nachrecherchiert werden?
Wann ist die Recherche vollständig?
Aber wann weiß man eigentlich, dass genügend Fakten, Daten und Zitate im Rahmen der Recherche zusammengekommen sind? Das ist recht einfach. Dafür bedienen wir uns einer ganz klassischen Methodik von Journalisten.
Und jetzt bitte nicht wegklicken! Die Methode ist so einfach wie genial. Journalisten nutzen sie beispielsweise, um nach einer allgemeingültigen Systematik Nachrichten zu schreiben.
Denn die Recherche ist im Normalfall abgeschlossen, wenn die zusammengetragenen Informationen die folgenden sieben W-Fragen umfänglich beantworten:
- Wer?
- Was?
- Wo?
- Wann?
- Wie?
- Warum?
- Woher?
Ja, diese simplen Fragen bilden das Fundament jeder guten Recherche.
Michael Firnkes, Buchautor und einer der ersten hauptberuflichen Blogger in Deutschland, schreibt in seinem Buch „Professionelle Webtexte & Content Marketing“ (2. erweiterte Auflage, 2014, Carl Hanser Verlag) über die W-Fragen:
Das Schöne an dem Prinzip: Werden Sie zu Beginn noch relativ viel Zeit und Energie aufwenden müssen, um eben diese Fragen im Rahmen Ihrer Vorbereitungen umfassend beantworten zu können, so geht das dahinterliegende Konzept relativ schnell quasi „in Fleisch und Blut“ über. Sie werden somit irgendwann von selbst und quasi automatisch damit beginnen, sich mit – für das Texten – wichtigen Aspekten zu beschäftigen, die Ihnen früher vielleicht gar nicht aufgefallen oder in den Sinn gekommen wären.
Dieses W-Fragen-Raster legt sich automatisch, wie eine Schablone, über alle gewonnenen Informationen. Somit beantwortet sich nicht nur die Frage, wann die Recherche abgeschlossen ist. Vielmehr strukturiert es die gewonnenen Informationen bereits vor und erleichtert somit die Aufbereitung.
Relevanz und Nutzen für die Zielgruppe sicherstellen – mit den klassischen Nachrichtenfaktoren
So allmählich ergeben die Informationen ein Gesamtbild. Das ist kein Zitat aus dem letzten Tatort, sondern Stand unserer Recherche an diesem Punkt. Jetzt gilt es, die gewonnenen Informationen auf Relevanz und Nutzen für die Zielgruppe abzuklopfen – im Content-Marketing ist das ein absolutes Muss!
Auch dafür bedienen wir uns journalistischer Denke und einer seit Jahren – unter anderem durch die Kommunikationswissenschaft – validierten Auswahlsystematik: den Nachrichtenwerten, auch Nachrichtenfaktoren genannt. Prof. Dr. Beatrice Dernbach liefert im Journalistikon, einem Online-Wörterbuch der Journalistik, eine treffende Erklärung der Nachrichtenfaktoren:
Sie beschreiben Merkmale von Ereignissen und Themen, die für die Publikation in journalistischen Nachrichten selektiert werden und je nach ihrer Quantität, Intensität und Kombination den Wert einer Nachricht ausmachen. Ein hoher Nachrichtenwert erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Ereignisse von Journalisten wahrgenommen und ausgewählt werden. Darüber hinaus beeinflussen Nachrichtenfaktoren, in welcher Form das Thema bearbeitet wird und welche konkreten Aspekte dargestellt bzw. besonders hervorgehoben werden.
Um es auf den Punkt zu bringen: Je mehr Nachrichtenfaktoren ein Thema beinhaltet, desto relevanter erscheint es für die Rezipienten. Diese Erkenntnis können wir auch für die Unternehmenskommunikation (die PR macht das übrigens schon lange) bzw. das Content-Marketing nutzen.
Typische Nachrichtenfaktoren sind:
- Einfachheit: Ist das Thema verständlich aufbereitet und berücksichtigt dessen Umsetzung den Bildungshintergrund der jeweils anvisierten Zielgruppe?
- Überraschung: Handelt es sich um eine kurzfristige Entwicklung, neue Erkenntnisse oder Unerwartetes?
- Aktualität: Ist die Information „frisch“, noch gültig und nicht durch andere Fakten bereits veraltet?
- Personalisierung: Lässt sich das Thema an einer Person festmachen, z. B. dem Unternehmenslenker oder einem besonderen Mitarbeiter?
- Nutzwert: Liefern die Informationen Ratschläge, Hinweise, oder versetzen sie den Rezipienten in die Lage dazuzulernen? Stichwort Relevanz!
- Emotionen: Beinhaltet das Thema unterhaltende oder spannende Elemente, die Gefühle transportieren bzw. ansprechen? Stichwort: Storytelling im Marketing!
- Nähe: Ist die jeweilige Information „nah dran“ an der Zielgruppe und ist sie somit erlebbar, nachvollziehbar und glaubwürdig? Dabei kann es sich also um geografische Nähe (etwas selbst erleben) oder thematische Nähe („Oh, wie interessant!“) handeln.
Diese sieben Nachrichtenfaktoren stellen eine Auswahl dar. Die Nachrichtenwertforschung hat darüber hinaus noch andere Werte identifiziert, die aber für die Unternehmenskommunikation eher zweitrangig sind.
Als Tipp für das Content-Marketing lässt sich festhalten: Wie im Journalismus müssen die Themen auf die Interessen der jeweiligen Zielgruppe abgestimmt sein. Die Nachrichtenfaktoren unterstützen dabei, Informationen auf ihre Wertigkeit bzw. Relevanz für die Rezipienten zu überprüfen. Erkennen diese den Wert einer Information für sich nicht, sehen sie darin keinen Mehrwert oder glauben sie woanders nutzenbringendere Content-Angebote zu finden, macht es „Puff“. Aber das hatten wir weiter vorne ja schon …
Die Content-Recherche schafft die Basis für den Kommunikationserfolg
Eine gute Recherche reduziert Komplexität, liefert relevante Informationen und versetzt Content-Produzenten in die Lage, glaubwürdig und zielgruppenspezifisch zu kommunizieren. Der Weg zum Ziel folgt einer klaren Systematik: geeignete Quellen identifizieren, Informationen sammeln, bewerten und aufbereiten, das Thema zuschneiden und die Relevanz für die Zielgruppe nicht aus den Augen verlieren. Dann ist der zu produzierende Content mit Sicherheit nicht vollkommen, aber schon ziemlich nah dran …
Es muss am Anfang der Content-Produktion also darum gehen, Themen so umfassend wie nötig und gleichzeitig so kurz wie möglich zu behandeln. Wenn die so geschaffenen Inhalte wirken und eine gewünschte Interaktion auslösen, umso besser! Dann, und wirklich erst dann, haben sich die Mühen, die mit einer professionellen Content-Recherche verbunden sind, gelohnt. Und zwar für beide Seiten: den Anbieter und die Zielgruppe.
Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
[…] selten fallen alleine schon für die Content-Recherche und die Aufbereitung der Ergebnisse zwei bis drei Arbeitsstunden an. Bei thematisch schwierigen […]