Blogger Relations für Unternehmen: Entmystifizierung einer Rocket Science

Blogger Relations für Unternehmen: Entmystifizierung einer Rocket Science

In den frühen Jahren des World Wide Webs galten Blogger als Nerds: intelligent, aber sozial isoliert. Dreißig Jahre später verfügt jede dritte Webseite über einen Corporate Blog. Die Blogger haben sich also etabliert. Und deren Seriosität wurde 2017 gekrönt, als zum ersten Mal in der Geschichte der Tagesthemen kein Journalist, sondern ein Blogger den Kommentar sprechen durfte. Randnotiz: Ein Jahr später startete die Tagesschau einen eigenen Blog …

Aber auch am Ende des zweiten Jahrzehnts unseres digitalen Zeitalters ist noch nicht jedem bekannt, was ein Blogger nun eigentlich tut. Das gilt zum Beispiel für die Redaktion von „RTL Exclusiv“.  Dieter Bohlen ist zwar ein Instagramer mit über 1,1 Millionen Followern. Das macht ihn per Definition aber nicht zu einem Blogger. Da ist euch neulich ein bisschen was durcheinander geraten.

Wenn also die Arbeit des Bloggers auch 2019 noch nicht allen klar ist, wundert es kaum, dass mit dem Begriff Blogger Relations noch weniger Menschen etwas anfangen können. Deshalb beantworte ich in diesem Beitrag die folgenden Fragen:

  • Was sind Blogger Relations?
  • Welche Ziele lassen sich mit Blogger Relations erreichen?
  • Warum befassen sich so wenige Unternehmen mit Blogger Relations?
  • Wie starte und etabliere ich Blogger Relations in meinem Unternehmen?

Außerdem werde ich aufzeigen, wie wertvoll Blogger Relations für wirklich jedes Unternehmen sind. Los geht’s.

Was sind Blogger Relations?

Per Definition versteht man unter Blogger Relations alle Maßnahmen von Unternehmen (oder deren Agenturen), die dem Zweck dienen, mit thematisch relevanten Bloggern in Kontakt zu treten und über einen längeren Zeitraum einen Dialog und Austausch zu etablieren.

Wenn man das liest, dürfte klar werden, dass Blogger Relations kein Buch mit sieben Siegeln sind, sondern eigentlich eine ziemlich normale Angelegenheit. Denn niemand von uns braucht einen Doktortitel für ehrliche Kommunikation, aufrichtiges Handeln und ein respektvolles Miteinander. Dafür reicht der gesunde Menschenverstand.

Dennoch sind Blogger Relations noch längst nicht in jedem Unternehmen ein fester Bestandteil der Kommunikationsstrategie. Warum das so ist, erkläre ich gleich. Zunächst möchte ich noch einen wirklich wichtigen Hinweis loswerden: Blogger Relations funktionieren nicht wie klassische Pressearbeit!

Die Kommunikation mit Bloggern klappt nicht per Massenmail oder mithilfe von allgemeinen Pressemitteilungen. Der Dialog muss immer persönlich und individuell erfolgen. Jede Missachtung dieser im Grundsatz doch so einfachen wie plausiblen Regel ist kontraproduktiv – um es mal sehr vorsichtig zu formulieren …

Welche Ziele lassen sich mit Blogger Relations erreichen?

Grundsätzlich soll bei der Zusammenarbeit mit Bloggern das eigene Unternehmen (oder einzelne Produkte) von Dritten erwähnt werden, um die Aufmerksamkeit der Blogleser zu erhalten. Im Detail geht es dabei um Folgendes:

Bekanntheit

Jeder einzelne veröffentlichte Blogpost verbessert die Sichtbarkeit deines Unternehmens im Web. Die Blogposts werden in der Regel niemals gelöscht, sodass sie auch nach mehreren Monaten und Jahren noch über Suchmaschinen zu finden sind. Du kannst also mithilfe der Blogger dauerhaft und langfristig Aufmerksamkeit für Marken, Produkte, Dienstleistungen oder dein Unternehmen gewinnen.

Awareness

Verkaufst du ein Produkt mit einer Bedienungsanleitung? Dann lass es von einem Blogger erklären! Rezensionen, Erfahrungs- und Anwenderberichte sind sehr beliebt. Wenn ein Blogger zeigt, wie etwas funktioniert, können die Leser den Nutzen eher erfassen. Das funktioniert besser als jede Produktbeschreibung und jede Bedienungsanleitung.

Und weil in einem Blog Sachverhalte nicht aus der Sicht eines Verkäufers dargestellt werden, sondern aus der Perspektive eines Nutzers, sind Blogbeiträge auch grundsätzlich glaubwürdiger als jeder Hochglanzprospekt und jedes Verkaufsvideo.

Reputation

Die Zusammenarbeit mit Bloggern zeigt Dritten, dass hinter einem Unternehmen oder einer Marke echte Menschen stehen, die sich kümmern. Die offen sind für Feedback, für Kritik und für Verbesserungsvorschläge – und zwar direkt von den Nutzern. Diese Offenheit und Courage erzeugt ein Vertrauen, das sich als Unterscheidungsmerkmal zum Wettbewerb äußerst positiv auswirken kann.

Übrigens: Reputationsaufbau ist nach meiner Ansicht das wichtigste Ziel von Blogger Relations!

Warum befassen sich so wenige Unternehmen mit Blogger Relations?

Die Zusammenarbeit mit Bloggern ist keine Raketenwissenschaft. Und die Vorteile, die aus Blogger Relations entstehen, sind für jedes Unternehmen relevant. Warum verzichten dann so viele Firmen darauf? Das sind die drei häufigsten Gründe:

Fehlende Strategie

Häufig kann sich im Unternehmen niemand so richtig vorstellen, welche konkreten Ziele mit Blogger Relations in welcher Zeit und mit welchem Aufwand erreicht werden können. Und darum lässt man besser komplett die Finger davon. Denn schließlich lässt sich ohne ein Ziel kein Plan entwickeln, um das Ziel zu erreichen. Strategie? Leider Fehlanzeige. Blogger Relations? Lieber nicht.

Fehlender Mut

Wer mit Bloggern zusammenarbeitet, muss Kontrollverlust zulassen. Schließlich sollten Unternehmen den Bloggern für die Erstellung und Gestaltung eines Blogposts freie Hand geben, sie in ihrer Sprache sprechen lassen und den jeweiligen Stil akzeptieren. Man muss kritisches Feedback nicht nur aushalten, sondern als Chance für Verbesserungen annehmen. Ohne diesen Mut funktionieren Blogger Relations nicht.

Ich behaupte: Wer bei der Zusammenarbeit mit Bloggern die Kontrolle übernehmen und Inhalte vorgeben will, wird dramatisch scheitern!

Fehlende Ressourcen

Blogger Relations verursachen Arbeit. Im Unternehmen muss mindestens ein Mitarbeiter (m|w|d) über die notwendige Zeit verfügen können, um einen Aktionsplan zu erstellen, um Kampagnen mit Bloggern durchzuführen, und um als Ansprechpartner für die Blogger erreichbar zu sein. Fehlt die dazu notwendige Expertise im Unternehmen, dann müssen diese Leistungen bei einer spezialisierten Agentur eingekauft werden.

Blogger Relations kosten also Geld. Zu den Personalkosten und möglichen Agenturleistungen muss auch ein Budget für Aktionen bereitgestellt werden.

Wie starte und etabliere ich Blogger Relations in meinem Unternehmen?

Diese Frage könnte man eigentlich auch als vierten Grund anführen, warum sich so viele Unternehmen nicht mit Blogger Relations befassen: Sie wissen einfach nicht, wie bzw. wo sie anfangen sollen.

Ich empfehle diesen 4-Punkte-Plan:

1. Strategie entwickeln

Der erste und grundsätzlich wichtigste Schritt ist das Entwickeln einer Strategie, die die Zusammenarbeit mit Bloggern und deren Zielsetzung definiert. Dazu müssen diese Fragen grundlegend beantwortet werden:

  • Welche Ziele wollen wir erreichen?
  • Wer ist im Unternehmen verantwortlich?
  • Wann finden welche Aktionen statt?
  • Welches Budget ist verfügbar?

Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, dass Blogger Relations keinesfalls als Marketingmaßnahme mit Umsatzorientierung geplant werden dürfen. Mit den Kernzielen (Verbesserung von Reputation, Awareness und Bekanntheit) dienen Blogger Relations in allererster Linie dazu, die Entwicklung des Unternehmens mittel- und langfristig positiv zu beeinflussen. Aus diesem Grund empfehle ich, die Kosten zu einem großen Teil der Abteilung Business Development zuzuordnen.

2. Geeignete Blogger recherchieren

Um Blogger zu finden, die für dein Unternehmen thematisch relevant sind, solltest du sie online akquirieren: Platziere zum Beispiel einen Aufruf in den einschlägigen Gruppen bei Facebook (informiere dich vorher unbedingt über die Gruppenregeln) oder nutze einen spezialisierten Marktplatz wie trusted blogs. Eine Recherche in Online-Verzeichnissen empfehle ich übrigens nicht: das ist sehr aufwendig und liefert im Vergleich dazu viel zu wenig zufriedenstellende Ergebnisse.

3. Favoriten ermitteln

Analysiere die akquirierten Blogs hinsichtlich ihrer “Passgenauigkeit” zu deinem Unternehmen oder deiner Marke auf Basis der veröffentlichten Beiträge, der Kommentare, der Likes und Shares, und dem Engagement auf anderen Social-Media Kanälen. Auf diese Weise findest du die Favoriten, mit denen du dauerhaft zusammenarbeiten willst.

4. Beziehung aufbauen

Erteile deinen Favoriten regelmäßig neue (bezahlte) Aufträge und nutze jede Gelegenheit, um den Kontakt zu intensivieren. So kann aus einer ursprünglich rein geschäftlichen Beziehung eine persönliche Bindung entstehen, die den Blogger schließlich in einen Markenbotschafter für dein Unternehmen verwandelt.

Fazit und Best Practice: Tchibo

Zum Schluss möchte ich dir mit einem Beispiel aus meiner eigenen Praxis aufzeigen, wie Blogger Relations par excellence funktionieren. Vor einigen Jahren hat man bei Tchibo meinen kleinen Laufblog entdeckt. Damals erhielt ich ein Angebot für eine bezahlte Kooperation, bei der ich über die Laufbekleidung aus der aktuellen Kollektion berichten sollte. Danach folgten weitere Aktionen: die Zusendung kostenloser Produkte für meine Leser, eine Einladung in die Firmenzentrale und schließlich eine Videoproduktion.

Durch die verschiedenen Kampagnen konnte ich mich von der Qualität und dem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte überzeugen, einen Blick hinter die Kulissen des Unternehmens werfen und sicherstellen, dass die Firmenphilosophie zu mir passt. Im Ergebnis hat Tchibo auf diese Weise einen treuen Markenbotschafter gewonnen: Ich schreibe inzwischen auch unentgeltlich über die Marke – so wie jetzt gerade – und empfehle Tchibo in meinem Umfeld bei passenden Gelegenheiten immer gerne weiter.

Blog-Marketing und Blogger-Relations sind bei Tchibo fest verankert. Dort haben die Verantwortlichen erkannt, welches enorme Potenzial die Zusammenarbeit mit Bloggern entfalten kann. Tchibo nutzt das Feedback und die Kritik der Blogger, um Produkte zu verbessern und das Unternehmen weiterzuentwickeln. Bei Tchibo schätzt man die Blogger als Experten und wertvolle Partner. Um dies zu unterstreichen, wurde 2016 sogar ein Blogger-Beirat gegründet, der mit dem Unternehmen regelmäßig im Dialog steht.

Mir ist derzeit kein anderes Unternehmen bekannt, das einen Blogger-Beirat etabliert hat. Tchibo setzt damit ein deutliches Ausrufezeichen und ist meiner Meinung nach Vorreiter eines Trends. Ich möchte jedem Unternehmen empfehlen, diesem Beispiel zu folgen: Blogger Relations – zur Nachahmung empfohlen!

Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
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Eduard Andrae

Eduard Andrae

Eduard (Eddy) Andrae ist Social-Media Junkie, Blogger und Erfinder von trusted blogs, einer Blog-Suchmaschine und Plattform für Blog-Marketing. „Wir präsentieren die Welt der Blogs auf eine neue Art!” ist Motto und Programm seines Startups.

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