Augmented Reality Anwendung – Was ist in Zukunft möglich?
Es ist das Jahr 2030. Ralf wird sanft von seinen intelligenten holographischen Ohrstöpseln, die sämtliche Umgebungsgeräusche filtern, aus dem Schlaf geholt.
Da sie mit dem heute fast in jedem Haushalt üblichen Home-Universal-Scanner synchronisiert sind, der in der Ecke des Raumes angebracht ist und bei ihm einen höheren Blutdruck als die letzten Tage feststellt, ist sein Haushaltsrobo bereits dabei, ihm eine für diesen Fall kompensierende Speise in der Küche zuzubereiten.
Er hatte gestern bereits errechnet, dass heute mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einer dieser Tage sein wird, an dem der Blutdruck von Ralf etwas nach oben schwanken würde. Aus diesem Grund synchronisierte er sich gestern mit dem intelligenten Kühlschrank, der noch am gleichen Tag eine Bestellung für die notwendigen Zutaten aufgegeben hatte.
Für das „Kühlschrank-Upgrade“, mit dessen Funktion man Lebensmittel selbst herstellen kann, fehlen Ralf noch ein paar Bitcoins. Sein Gehalt bezieht er in Litecoins, deren Wechselkurs sich zu Bitcoins in den letzten Tagen etwas nachteilig entwickelte.
Nachdem sein Haushaltsrobo feststellt, dass Ralf auf beiden Füßen neben seinem Bett steht, beginnt er ihn zu einer bestimmten Serie an Yoga-Übungen zu animieren, die mit bestimmten Atemübungen kombiniert werden. Noch vor einer Woche hatte der Robo sein Gesundheitsmodul wie immer selbst aktualisiert, als neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft (Crowd-Science) zu bestimmten Yoga- und Atemübungen mit Bezug zu Bluthochdruck im I-Netz 4 erschienen.
Regierungen wurden vor einigen Jahren überflüssig. Damals wurde über günstige Einzel-Brainscanner festgestellt (selbst ärmere Menschen können sich das mittlerweile leisten und integrieren sich überganslos in Augmented-Reality-Brillen), wie viele hochgradige Psychopathen in höheren Regierungs- und Parlamentspositionen saßen …
Mein Thema liegt in der näheren Zukunft und handelt nicht von günstigen Brainscannern, auch nicht direkt von Google-Glasses, sondern von Augmented Reality und wie sich diese Technologie auf die unterschiedlichsten Bereiche auswirken wird.
Was ist Augmented Reality bzw. erweiterte Realität?
Wikipedia liefert hierzu folgende Definition:
Unter erweiterter Realität (auch englisch augmented reality [ɔːɡˈmɛntɪd ɹiˈælɪti], kurz AR [eɪˈɑː]) versteht man die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung. Diese Information kann alle menschlichen Sinnesmodalitäten ansprechen. Häufig wird jedoch unter erweiterter Realität nur die visuelle Darstellung von Informationen verstanden, also die Ergänzung von Bildern oder Videos mit computergenerierten Zusatzinformationen oder virtuellen Objekten mittels Einblendung/Überlagerung. Bei Fußball-Übertragungen ist erweiterte Realität beispielsweise das Einblenden von Entfernungen bei Freistößen mithilfe eines Kreises oder einer Linie.
Aktuelle und mögliche Anwendungsfälle in der Wirtschaft und im privaten Bereich
1. In der industriellen Fertigung
Augmented Reality kann und wird ihren Einsatz bei der industriellen Fertigung finden.
Ein Anwendungsfall wäre hier im Projektmanagement zu sehen. Über ein Tablet mit entsprechender Software kann der Fertigungsprozess beobachtet werden, und in Echtzeit erkennt das Programm, ob Fehler entstanden sind (der Bauplan ist hier bereits in der Software integriert).
Eine andere Möglichkeit ist die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Fertigungsstück am richtigen Ort liegt.
Hierzu fährt man mit der Tablet-Kamera über das betreffende Stück und sieht in Echtzeit mit überlagerter Zusatzinformation, ob das Teil an der richtigen Stelle liegt.
Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt ein aktueller Filmbeitrag der Bosch Rexroth AG:
2. Im (privaten) Bildungsbereich
Virtuelle Realität wird schon seit vielen Jahren in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt.
Dazu gehören unter anderem das Militär und der medizinische Bereich. Für Menschen, die sich in diesen oft sensiblen Bereichen in der Ausbildung befinden, wird dabei häufig auf Simulationen zurückgegriffen, da sich Fehler in der tatsächlichen Realität böse rächen würden.
Mit Hilfe von Augmented Reality kann der Übergang von der noch hundertprozentig sicheren Simulation in die reale Welt nahezu ohne Stolpersteine gemeistert werden.
Während ein Arzt im Praktikum zuvor noch eine OP simulieren musste, später beim Chefarzt zuschaute und irgendwann den Sprung machte und selbst immer sensiblere Teile der OP übernahm, so kann mit einem beispielsweise in Google-Glasses integrierten Programm beim Fokussieren auf einen entsprechenden Körperbereich festgestellt werden, ob er das Skalpell an der richtigen Stelle ansetzt und nicht statt der rechten versehentlch die linke Niere entfernt.
3. Im E-Commerce
Das Einkaufen im Online-Shop deiner Wahl wird einem heute relativ leicht gemacht. Lediglich beim Kauf von Kleidung, kann es durch die unterschiedlich ausfallenden Größen mitunter etwas holprig laufen.
Unternehmen begegnen diesem Stolperstein mit der Bestellung ohne Vorauszahlung und unkomplizierten Rücksendemöglichkeiten.
Mit einer Integration von Augmented Reality in den Online-Kaufprozess werden Unternehmen in dieser Branche weitere Kosten und Risiken senken können.
Stelle dir vor, du würdest wie bisher online einkaufen und könntest mit der entsprechenden App, die sich entweder in deine Google-Brille oder deinem Smartphone integriert, genau sehen, wie das ausgesuchte Kleidungsstück an dir sitzt.
Du könntest dann eine Momentaufnahme davon machen und diese mit deinen Freundinnen und Freunden teilen (trifft wahrscheinlich eher auf Käufergruppen zu, die stärker auf die feminine Art und Weise einkaufen), um sofort Feedback zu erhalten.
Damit kannst du dein Umfeld noch interaktiver an deinen Kaufentscheidungen beteiligen.
Ein Anbieter-Video aus der Frühzeit von Augmented Reality:
4. Im Tourismus
Augmented Reality wird insbesondere in der Tourismusbranche zum Einsatz kommen.
Vielleicht kennst du das Spiel „Ingress“ von Google, bei dem man eine Art virtuelle Schnitzeljagd macht und an realen Orten auf der ganzen Welt sogenannte Portale an bekannten Stellen (oft interessante Bauten und Stellen) für seine zuvor gewählte Seite einnehmen muss.
Das ist noch eine Vorstufe zu Augmented Reality, bei der sich Zusatzinformationen über eine weitere Ebene direkt in der Realität anzeigen lassen.
Denn hier werden diese Zusatzinformationen noch über die Ebene von Google-Maps gelegt, die selbst bereits eine virtuelle Realität darstellt. Es ist damit strenggenommen eine „Augmented-Virtual-Reality“.
Stell dir vor, du gehörst zu den Menschen, die lieber spontan und mit nur wenig vorausgehender Planung an einen bestimmten Urlaubsort fahren: Du schaltest noch am Ankunftsflughafen deine Augmented-Reality Reise-App für das betreffende Land entweder im Smartphone oder deiner Aumented-Reality-Brille ein. Dann blickst du durch das Smartphone auf deine reale Umgebung und erhälst mehrere Vorschläge. Du kannst dir den Weg zum Bus, Taxistand oder Privatshuttle-Bus anzeigen lassen.
Zusätzlich werden dir je nach Zielort in der Stadt die aktuellen Preise und Angebote angezeigt.
Glücklicherweise arbeitet das Transportunternehmen bereits mit dieser Software, und du kannst das Shuttle direkt aus der App heraus reservieren und buchen.
Falls du an einem interessanten Objekt vorbeifährst (das kann ein großes Gebäude in einer bestimmten Entfernung sein), zeigt dir das Programm weitere Daten zur Geschichte und Hintergrundinformationen an.
Die Anwendung fragt dich zusätzlich, ob du für deine spätere Planung erfahren möchtest, auf welchem Weg man von deinem Hotel oder Hostel dort hinkommt.
Wenn du zu den „Planungswütigen“ gehörst und bereits zu Hause alles von A-Z durchgeplant haben möchtest, könntest du mit dieser App eine virtuelle Tour vor Ort machen und dir beispielsweise den Flughafen und den Weg zu den Transportmöglichkeiten anzeigen lassen.
Das wäre möglich, da vergangene Reiserouten und Entscheidungen von Nutzern in einer Datenbank abgespeichert würden, sofern diese das vorher gestattet haben, um anderen Nutzern zu helfen. Den Überraschungseffekt würde dies zwar komplett beseitigen, aber bestimmten Kontrollfreaks könnte auch das gefallen.
Diese Entwicklung wäre das kreative Ende von Reiseführern und Reiseblogs, würde aber auch gleichzeitig Chancen für die aktuellen Anbieter der Branche bieten, ihre Angebote und Inhalte in dieser zu integrieren (Stichwort: PPC innerhalb von Augmented-Reality-Anwendungen).
Die Timetraveler The Berlin Wall App ist hierfür ein schönes Beispiel:
5. Die Immobilienbranche
Wenn du weniger ein visueller Typ bist und dir Dinge nur schwer vorstellen kannst, wird dir der Anwendungsfall für Augmented Reality in der Immobilienbranche zusagen.
Nicht umsonst wird beim Objektverkauf immer häufiger das sogenannte Home Staging verwendet: Hierbei wird den Interessenten die mentale Arbeit abgenommen, sich die Einrichtung in einem ausgeräumten Objekt vorstellen zu müssen. Nachdem das Objekt leergeräumt wurde, werden Einrichtungsgegenstände und Möbel gemietet, um die Verkaufschancen zu verbessern.
Für den Verkaufserfolg ist besonders wichtig, dass sich der mögliche Käufer genau vorstellen kann, wie es sich in dem künftigen Haus leben könnte. Günstiger als mit Home Staging wird das mit Augmented-Reality möglich werden.
Denn so setzen Interessenten bei der Besichtigung einfach ihre Augmented-Reality-Brille auf (es wird neben Google-Glasses sicher noch weitere solcher Brillen geben), um durch das in der Realität leere Objekt laufen zu können und sich unterschiedliche Einrichtungsmöglichkeiten anzeigen zu lassen.
Es wäre damit nicht wie beim Home Staging nur die Besichtigung einer Einrichtungvariante möglich, sondern gleich mehrerer, die auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind.
6. Das Ende des klassischen Kinos?
Beim Schreiben fiel mir noch ein weiterer Bereich ein, der von einer „kreativen Zerstörung“ betroffen sein könnte, und zwar das klassische Kino. Dieses Szenario habe ich aber noch nicht so klar vor Augen, wie die vorausgegangenen Anwendungsfälle.
Der Kino-Mehrwert ist für die meisten Menschen, einen Film mit anderen Menschen gemeinsam zu erleben. Die Funktion ist damit stärker das gemeinschaftliche Erlebnis und weniger einfach nur das Anschauen des Films, das auch im Home-Kino geht.
Selbst 3D-Kino haut mittlerweile nicht mehr so viele Menschen vom Hocker.
Durch Augmented-Reality könnten sich Kinos (sofern sie bei der Entwicklung mitmachen wollen) zu Orten gemeinsamer interaktiver Erlebnisse wandeln.
Nicht mehr über 3D-Brillen, sondern über die eigene Augmented-Reality-Brille können Nutzer dann gemeinsam mit anderen Nutzern in einen Film „einsteigen“ und mit ihren Gedanken auf seinen Handlungsablauf Einfluss nehmen.
Jeder kann dabei nach seiner Fasson entscheiden, wie interaktiv er einsteigen oder ob er sich einfach nur berieseln lassen und abschalten möchte.
Der Film könnte in unterschiedlichen Versionen (durch niedrigere Produktionskosten könnten in Zukunft mehrere Versionen desselben Films produziert werden) mit den betreffenden Gedanken der Besucher interagieren.
Je nach dem, mit welchen Charakteren sich der Besucher identifiziert, werden unterschiedliche Gruppen von Zuschauern gebildet, die mit dem Film interagieren.
Ob dieses Szenario tatsächlich für eine große Masse tauglich wäre, bezweifle ich gerade etwas. Es wäre zumindest eine relativ dynamische Angelegenheit und käme der sich täglich reduzierenden Aufmerksamkeitsspanne der Menschen entgegen.
7. Unterhaltung und Spiele
In der Spielebranche hat AR bereits eingeschlagen. Das beste Beispiel dafür stellt Pokemon Go dar. Das Spiel wird von Millionen von Nutzern gespielt.
Das folgende Video zeigt, wie per Augmented Reality Gegenstände in unsere Umgebung eingefügt werden können. Diese Technologie wird mittlerweile für viele Smartphone-Spiele genutzt.
Fazit
Wer mit offenem Geist und Neugierde an neue Technologien wie Augmented Reality herangeht, wird für sich zahlreiche neue Geschäftsmöglichkeiten und -felder erschließen und nutzen können.
Wenn wir uns jedoch das Gros deutscher Unternehmen anschauen, können wir schnell erkennen, dass selbst die in der Vergangenheit liegenden Entwicklungen verpennt wurden. Versucht nur einmal, einem Durchschnittsunternehmen den Vorteil von Twitter oder YouTube nahezubringen. Dann wisst ihr, was ich meine. Selbst diese längst etablierten Plattformen werden noch nicht richtig verstanden. Dies hat zur Folge, dass solche Unternehmen, ob klein oder groß, über kurz oder lang im internationalen Vergleich abgehängt werden. Gleiches gilt für die neue Entwicklung im Industriebereich. Hier ist Industrie 4.0 das Stichwort, mit dem das Internet der Dinge und die intelligente Fabrik (Smart Factory) vorangetrieben werden sollen.
Wie immer bei neuen Entwicklungen werden diejenigen unweigerlich ins Hintertreffen geraten, die nicht mit der Zeit gehen wollen oder können. Die Erfahrung zeigt, dass User sowohl auf privater wie auf kommerzieller Seite für solcherlei Innovationen immer dann sehr offen und dankbar sind, wenn sie ihr Leben, ihre Kaufentscheidungen etc. erleichtern – oder einfach nur Spaß machen.
Hallo Tobias,
auf der einen Seite ist es doch immer wieder faszinierend und beeindruckend, was technisch alles möglich ist, aber es hat auch eine beängstigende Seite, da zur Umsetzung sehr viele persönliche Daten gesammelt werden müssen, und gerade in Deutschland wird ja gerne über Datenschutz diskutiert.
Die Anfänge von Augmented Reality sehe ich in Programmen wie z. B. Fashion Design Software oder Architektenprogrammen, wo versucht wird, digital etwas auszuarbeiten und sich ein Bild zu machen, bevor Kleidung in der Realität hergestellt wird oder Häuser gebaut werden.
Piloten werden mit Simulationen für Extremsituationen geschult.
Es gibt zahlreiche Computerspiele mit einer gestellten Realität oder Fantasiewelt über deren Sinn und Unsinn man streiten kann.
Wenn man jetzt noch überlegt, was z. B. mit Google Business View, Google Glass, Google Street View oder Google Earth möglich ist. Daten und Bilder werden gesammelt, ausgewertet, ergänzt und sind öffentlich einsehbar.
Ich denke, dass Augmented Reality durchaus positiv genutzt werden kann, aber dass es auch Missbrauch geben kann und wird.
Viele Grüße
Claudia
Hallo Tobias,
Peter Ehrlich vom Reisebüro Ehrlich hat sich die Mühe gemacht, einen Artikel über Augmented Reality für den Tourismus bzw. die Reisebranche zu schreiben. Lesenswert http://www.erlebnis-sachsen.de/kommt-jetzt-die-augmented-reality-brille/
Viele Grüße
Claudia
Hallo Claudia, vielen dank für deinen langen Kommentar und deine Bedenken zu dieser Entwicklung. Ja, wie überall können Technologien zu negativen wie auch zu positiven Dingen genutzt werden.
Ein Gabel kann dazu verwendet werden ein alle möglichen Speisen zu sich zu nehmen oder jemandem ernsthafte Schmerzen zuzufügen. Aus diesem Grund müssen Gabeln aber noch lange nicht gleich verboten werden.Es hängt vom Einsatz durch den Nutzer ab.
Gegen die Datensammlung an sich habe ich nichts einzuwenden, sofern sie nicht von Regierungsstellen zu Spionage-Zwecken verwendet und zweckentfremdet wird.
Danke auch für den Artikel von erlebnis-sachsen.de. Das schaue ich mir gleich einmal an.
Viele Grüße
Tobias