Sind Journalisten die besseren Content-Marketer?

Gute Geschichten erzählen: Was Content-Marketer von Journalisten lernen können

Bloggen ist ja so einfach! Mal eben einen Artikel schreiben über ein Thema, das dich bewegt, ein Bild aus einer Datenbank dranhängen, veröffentlichen, vielleicht noch auf Facebook posten – und fertig. Wenn du privat bloggst, mag das funktionieren. Wenn du mit deinem Content aber auch dein Business voranbringen willst, solltest du professioneller an die Sache rangehen. Etwa indem du deine Story wie ein Journalist erzählst. Und zwar nicht nur in deinem Blog, sondern in allen Inhalten, bei denen es auf erzählerische Qualität ankommt: Whitepaper, Infografiken, Erklärvideos, Case Studies etc.

Welche journalistischen Methoden und Arbeitsweisen du dazu brauchst, zeigen wir in diesem Beitrag. Und gehen dabei auch der Frage nach, ob Journalisten vielleicht sogar die besseren Content-Marketer sind, wie einige behaupten.

Journalistische Fähigkeiten, die fürs Content-Marketing nützlich sind

Um den steigenden Bedarf an Content zu decken, stellen immer mehr Unternehmen und Agenturen sogenannte Content-Editoren oder Editorial Directors ein. Dabei legen sie großen Wert auf journalistische Erfahrung und bevorzugen oft ehemalige Redakteure. Das hat einen guten Grund: Wer lange Zeit im Journalismus tätig war, verfügt über Fähigkeiten und Arbeitsweisen, die für das Content-Marketing sehr nützlich sind. Aaron Agius hat diese in einem Beitrag für das Content Marketing Institut zusammengestellt, von denen wir hier einige aufgreifen wollen:

1. Journalisten kennen ihre Leser

Jeder gute Journalist weiß, für wen er schreibt bzw. seinen TV- oder Radiobeitrag erstellt. Er kennt die Themen, die seine Leser interessieren, und weiß, wie er sie am besten „packt“ und aus der Reserve lockt. Er schreibt auf Augenhöhe mit seinen Lesern, indem er sich in ihre Situation versetzt und ihre Sprache spricht. Dazu gehört zum Beispiel, dass er auf Fachbegriffe verzichtet oder sie, wenn nötig, erklärt.

2. Journalisten haben ein Gespür für gute Geschichten

Journalisten suchen immer nach etwas Neuem und Überraschendem. Sie besitzen die Fähigkeit, ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und die Dinge herauszuarbeiten, die uns bewegen. Das ist mit viel Recherche verbunden, mit Ausdauer und auch Spürsinn. Dabei geht es aber nie darum, Geschichten zu erfinden, denn Journalisten wissen, wie kostbar Glaubwürdigkeit ist. Das gilt umso mehr in Zeiten von Social Media, in denen jede Unwahrheit und jeder Widerspruch schnell ans Licht kommen.

3. Journalisten stellen unbequeme Fragen

Journalisten geben sich nicht mit Oberflächlichkeit zufrieden. Sie sind darauf spezialisiert, tiefer zu graben und stellen Fragen, die mancher Marketer lieber meiden würde: „Was bedeutet diese Marketingphrase genau?“ Oder: „Wenn Ihre Dienstleistung so sinnvoll ist, warum haben Sie nicht schon mehr Kunden?“ Genau dieses kritische Hinterfragen ist es, was eine Story interessant, hilfreich und authentisch macht. Unternehmen werden somit ganz nebenbei auch dazu „gezwungen“, ihre Produkte, Ziele und Kommunikation laufend kritisch zu prüfen.

4. Journalisten wissen, wie man Geschichten verpackt

Journalisten sind Profis darin, Content nach den Regeln der Kunst zu erstellen. Sie wissen, wie man Leser mit guten Überschriften in einen Artikel zieht, die Dramaturgie richtig aufbaut und Geschichten mit Anekdoten auflockert. Auch wie man Inhalte im Netz durch Teaser, Listen und Zwischenüberschriften lesbarer macht, gehört zum methodischen Repertoire eines Journalisten, von dem sich Content-Marketer einiges abgucken können.

Lerne das 1×1 des Journalismus

Wer nicht einfach nur Content erstellen will, sondern Qualitätscontent, der aus der Masse hervorsticht, sollte sich daher einige journalistische Fähigkeiten und Arbeitsweisen aneignen. Hier ein paar Tipps für deine tägliche Arbeit, von denen dein Content ganz sicher profitieren wird:

  1. Investiere ausreichend Zeit in die Themenrecherche und in die spezifische Content-Recherche. Versuche, alte Themen aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten oder sie auf eine neue Art zu präsentieren.
  2. Achte immer darauf, dass Stil und Wortwahl sowie die inhaltliche Tiefe deiner Inhalte zu deinem Publikum passen.
  3. Prüfe alle Daten und Fakten immer gründlich – bleib bei der Wahrheit!
  4. Gehe auf Bedenken und Vorbehalte ein, die deine Zielgruppe haben könnten, und sei offen für den Dialog. Sie wird das zu schätzen wissen.
  5. Entwickle deine Geschichten für dein Publikum, nicht für das Unternehmen. Denn nur so wird sich deine Zielgruppe in den Inhalten wiederfinden und offen sein für deine Botschaften.
  6. Bereite deine Geschichten so auf, dass sie leicht konsumierbar und verständlich sind. Einige Tipps dazu findest du zum Beispiel in diesem ZIELBAR-Beitrag oder in unserem Artikel zu den Grundregeln des Online-Textens.

Also: Mehr Journalisten in die Unternehmen!

Journalisten sind also prädestiniert für das Content-Marketing: Sie denken an ihr Publikum, entwickeln gute Geschichten und garantieren Authentizität und Relevanz. Und das alles, ohne groß darüber nachzudenken. Denn es ist ihr Berufsethos.

Diese Fähigkeiten sind genau richtig in einer Zeit, in der herkömmliche Marketinginhalte immer weniger Wirkung zeigen. Denn Konsumenten suchen heute nach nützlichen Inhalten, die Antworten auf ihre Fragen liefern – nicht nach schöngefärbten PR-Mitteilungen und Werbephrasen.

Außerdem ist es eine große Chance für die Journalisten. Angesichts der Medienkrise, in der bereits viele Redakteure ihre Jobs verloren haben, bietet Content-Marketing ihnen ein neues und lukratives Arbeitsfeld. Joe Pulizzi, Gründer des Content Marketing Institutes, ist sogar der Meinung: „Es gab nie eine bessere Zeit, um im Journalismus tätig zu sein.“

… aber nur mit dem nötigen Marketingwissen!

Neue Arbeitsfelder für Journalisten, mehr Qualität in der Unternehmenskommunikation: Ein perfektes Match, so scheint es. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn bei allen Fertigkeiten, die Journalisten mit sich bringen und die fürs Content-Marketing nützlich sind: Die besseren Content-Marketer sind sie dadurch noch lange nicht. Denn schließlich geht es beim Content-Marketing nicht nur darum, Inhalte zu produzieren.

Die größte Herausforderung in Zeiten des „Content-Shocks“ ist es, sich überhaupt Gehör zu verschaffen. Es geht darum, den Content so zu vermarkten, dass er beim Leser ankommt und dort etwas bewirkt. Schließlich betreibst du Content-Marketing nicht ohne Grund. Letztlich willst du deine Zielgruppe zu einer Handlung bewegen: Sei es, dass sie deinen Newsletter lesen, ein Whitepaper herunterladen oder dein Produkt als kostenlose Testversion kennenlernen.

Zur Erinnerung: Ziel des Content-Marketing ist es, deine Interessenten bei ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen, um sie so zu Leads und dann zu Kunden zu machen. Daher ist neben redaktionellen Fähigkeiten auch ein fachliches Verständnis für Marketing und Vertrieb nötig. Aufgabe des Content-Marketers ist es also, Inhalte zu vermarkten wie ein Produkt. „Es braucht ein Produktmanagement, ein Kanalmanagement, es braucht Content Promotions und es braucht selbst eine Preispolitik – das sind die klassischen 4 P des Marketings. Markteers können das. Journalisten haben das nie gelernt„, wie der Marketing-Experte Mirko Lange in der Huffington Post schreibt.

Journalismus bietet somit für das Content-Marketing zwar eine sehr gute Grundlage. Aber er muss sich weiterentwickeln, um erfolgreichen Content zu bieten, der neben den Interessen des Lesers auch die des Unternehmens bedient. PR-Profis sind hier in der Regel schon etwas weiter: Sie verfügen in der Regel über journalistische Fähigkeiten, sind es jedoch anders als Journalisten gewohnt, im Auftrag von Unternehmen zu arbeiten. Wie Public Relations und Content Marketing optimal zusammenspielen können, haben wir uns in einem früheren Blogartikel angeschaut.

Wie du Journalismus und Marketing zusammenbringst

Wer also nicht einfach nur bloggen, sondern mit seinem Content auch sein Business voranbringen will, der sollte versuchen, das Beste aus beiden „Welten“ zu verbinden:

  • Produziere deine Inhalte wie ein Journalist: Sei relevant, kritisch, authentisch und glaubwürdig.
  • Konzipiere und vermarkte deinen Content wie ein Produktmanager: Denke strategisch, kenne deine Wettbewerber und die Trends im (Content-)Markt, plane und steuere den Content-Lebenszyklus mit Blick auf die Unternehmensziele und die Bedürfnisse deiner Zielgruppe.
  • Miss den Erfolg deiner Aktivitäten wie ein Controller: Behalte Kennzahlen wie Newsletter-Abonnenten, Downloads oder die Anzahl neuer Leads im Blick. Sie geben dir Aufschluss darüber, ob dein Content auch auf die Business-Ziele einzahlt und an welchen Ecken du eventuell feilen musst.

Am einfachsten ist dies natürlich, wenn du in deinem Unternehmen ein Content-Marketing-Team aufbaust, in dem sich jeweils ein Experte um die verschiedenen Aufgaben kümmern kann: Strategie, Produktion, Design, SEO, Social Media, Controlling, die technischen Aspekte und so weiter. Falls diese Aufgaben aber bei dir allein liegen, solltest du versuchen, bei deiner täglichen Arbeit jedem dieser Bereiche die gleiche Wichtigkeit einzuräumen.

Wie siehst du das: Können Journalisten die besseren Content-Marketer sein, sofern sie ein ausreichendes Marketingwissen im Gepäck haben?
Gute Geschichten erzählen: Was Content-Marketer von Journalisten lernen können
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von Hirschfeld, Josche

von Hirschfeld, Josche

Tanja Josche ist freiberufliche Texterin und Journalistin, Sascha Tobias von Hirschfeld ist Berater für Content Strategie und Business-Storytelling. Beide sind seit über 15 Jahren im B2B-Marketing tätig. Zusammen haben sie den Praxisleitfaden „Lean Content Marketing - Groß denken. Schlank starten.“ veröffentlicht. Weitere Infos: lean-content-marketing.com.

4 Reaktionen zu “Gute Geschichten erzählen: Was Content-Marketer von Journalisten lernen können”

  1. Alexa Manoeuvre (@AManoeuvre)

    Hallo Tanja, hallo Sascha Tobias,

    ein großartiger Artikel mit unheimlich vielen hilfreichen Tipps.

    Danke dafür!

    Besonders interessant finde ich euer „1×1 für Journalisten“ und die darin bestehenden Tipps für Content Marketer.
    Ich stimme euch zu, dass wir von Journalisten einiges lernen können, besonders im Bereich Recherche und Storytelling.

    Eine Frage habe ich noch: Wie seht ihr das hinsichtlich Quellenangaben?
    Ich habe jetzt schon öfters Artikel in Blogs gelesen, die sich mit Sicherheit auch aus fremden Inhalten zusammensetzen, nur eben in eigenen Worten wiedergegeben wurden. Allerdings wurden keine konkreten Quellenangaben kenntlich gemacht.

    In eurem Beitrag hier sehe ich, dass ihr meistens Textlinks als Quellenangaben nutzt. Inwieweit gibt es hier noch weitere Möglichkeiten aus dem Bereich des Journalismus´ – Quellen zu setzen und wann müssen überhaupt Quellen angegeben werden?
    Klar ist das Ganze bei Zitaten und in der Uni habe ich gelernt, dass jeder fremder Inhalt (egal, ob direktes oder indirektes Zitat) gekennzeichnet werden muss. Ich habe das Gefühl, in Blogs hat dieses Thema andere oder abgeänderte Regeln.

    Freue mich auf euer Feedback.

    Liebe Grüße
    Alexa

    Antworten
  2. Tanja Josche
    Tanja Josche

    Liebe Alexa,
    vielen Dank für deinen Kommentar! Freut mich, dass dir der Beitrag gefällt :-)
    Stimmt, manche Blogger scheinen das mit dem Zitieren nicht so eng zu sehen … Ich finde, auch hier sollte man sich an journalistischen Maßstäben orientieren: Wenn man Ideen, Konzepte, Inhalte anderer wiedergibt, gehört die Quelle angegeben. Mindestens den Namen des Urhebers, besser noch mit Link dazu. Bei Zitaten ist das ja eh klar.
    Letztlich bringt es dir ja auch was, wenn du andere Experten verlinkst: Du zeigst deinen Lesern, dass du dich im Markt auskennst und baust dir einen Ruf als vertrauenswürdige Quelle auf. Hier passen journalistische Arbeitsweise und Marketingziele also wunderbar zusammen;-)
    Dennoch würde ich’s nicht ganz so eng sehen, wie im (Qualiäts-)Journalistmus: „Immer mehr Unternehmen stellen Content-Editoren ein …“ müsste da beispielsweise konkret mit Zahlen belegt und die relevante Studie zitiert werden. Als Blogger erlaube ich mir hier die Freiheit, mich einfach auf meine eigenen Beobachtungen zu stützen … ;-)

    Liebe Grüße
    Tanja

    Antworten
  3. Claudia Dieterle
    Claudia Dieterle

    Den nachfolgenden Kommentar, den Marc Ostermann von PR Desk – Content Marketing & Public Relations auf Google+ gemacht hat, möchten wir unseren Lesern nicht vorenthalten:

    „(…) Der Beitrag ist klasse und das Thema (kurioserweise!) überfällig.

    Während jeder „Experte“, der den Begriff „Content-Strategie“ fehlerfrei schreiben kann, immer und immer wieder die Relevanz sauberer Konzeptionsarbeit hervorhebt, fehlt mir in der Diskussion oft der handwerkliche bzw. kreative Ansatz. Natürlich muss im Content Marketing strategisch vorgegangen werden, sonst rennt man als Unternehmen der Ziel- oder Bedürfnisgruppe kopflos (und zumeist auch erfolglos) hinterher.

    ABER Content Marketing lebt auch von hochwertigen, informierenden, unterhaltsamen und nutzenbringenden Inhalten. Journalisten bringen aufgrund ihrer Ausbildung sowie ihrer Erfahrung Skills mit, die eine professionelle Aufbereitung von Themen ermöglichen, die sich Marketer erst mühsam aneignen müss(t)en. Deshalb können sie sicherlich von den journalistischen Methoden, Arbeitsweisen und Fähigkeiten profitieren.

    Richtig ist aber auch, dass ein Journalist nicht automatisch ein guter Content Marketer ist. Selbstverständlich benötigt er zusätzlich ein Mindset aus strategischer Planung und analytischer Denke. Da können Journalisten von Marketern lernen…

    Es gibt noch ein paar andere Aspekte, die bei dieser Fragestellung relevant sind, aber die würden – mal wieder – den Rahmen sprengen.

    Beste Grüße, schönes Wochenende!“

    Hier noch der Link zum Post: https://plus.google.com/+ClaudiaDieterle/posts/612Kp9FfbVg

    Antworten
  4. Alex

    Hallo Tanja!
    Die Realität sind manchmal etwas anders aus.
    Ich hatte in der Vergangenheit schon öfters mit Redakteuren oder Journalisten zu tun, und nicht alle sind jedem Thema aufgeschlossen.
    Aber du schreibst ja genau im Punkt “ Lerne das 1×1 des Journalismus“ worauf es ankommt .

    Wenn die Journalisten keine Zeit oder Lust auf ein Thema haben, kommt dabei auch Mist raus, Fakten werden nicht genannt oder falsch wiedergegeben, bei Bildunterschriften werden die Namen verdreht, usw.
    Bei den Redakteuren sieht es da anders aus, sie erwähnen zwar alle Fakten und bohren auch nach, aber manchmal wirkt der Artikel sehr platt.

    Ja, die Redakteure sind meist sachlicher, die Journalisten möchten Emotionen vermitteln, und die Content-Marketer möchten mit ihrem Inhalt dich als Kunde gewinnen!
    Nun, ob Journalisten besseren Content schreiben könne, das mag sein, sind sie deshalb gleich die besseren Marketer?

    Wenn ich manche Redakteure oder Journalisten sehe wie sie bei Facebook, einen Clickbait nach dem anderen verbreiten, dann haben sie es nicht begriffen. Ich selber bin danach enttäuscht oder sogar sauer, wenn ich nicht den Lesestoff bekomme, den ich erwarte.

    Schönen Gruß
    Alex

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