Markenstimme der Vernunft: der Inhalt macht die Musik
Ein Merkmal von Content-Marketing ist die ganzheitliche Kommunikation. Sämtliche Inhalte folgen einer Strategie. Denn die gibt den roten Faden vor und setzt das USP in Szene. Schließlich gilt es auf den Bühnen des Publishings zu performen. Heute, morgen und übermorgen, um es mit der Brand Voice of Germany von Mark Forster auszudrücken. Hierbei hilft eine Markenstimme, sie verleiht dem Auftritt eine besondere Note: Sie geht ins Ohr und bleibt im Kopf! Wie Unternehmen eine Markenstimme entwickeln und was ihnen das bringt, zeige ich im Folgenden. Und ich verspreche: keine Träne ist hier umsonst und ich werde nicht singen.
Corporate Voice: Eine Sache der inneren Haltung und äußeren Wirkung
Eine Markenstimme macht im Wust der täglichen Content-Angebote den Unterschied beim Ringen um Aufmerksamkeit. Vorausgesetzt, sie ist „gut gemacht“ und der Content ebenso. Denn dann gewinnen die Inhalte mit ihr kontinuierlich und unnachahmlich an Relevanz – quasi „Serial Content mit Happy End“. Unabhängig davon nimmt sie uns keiner und nachäffen ist eher schwierig.
Umso mehr lohnt ein genaues Hinhören:
Wir verstehen eine Markenstimme (englisch: „Brand Voice“), auch Unternehmensstimme (englisch: „Corporate Voice“) genannt, als Kennzeichen respektive ‚Persönlichkeit‘ einer Marke. Gemeint ist ein Alleinstellungsmerkmal in Form einer spezifischen Ausdrucksstärke, die ganzheitlich in der verbalen Kommunikation zum Einsatz kommt. Somit ist sie als strategisch-motiviertes und emotional geladenes Stilmittel im Content-Marketing zu charakterisieren.
Ziel ist es, mit den passenden Worten zur richtigen Zeit authentische sowie kanalspezifische Stories und Botschaften zu kreieren. Stets aus der Perspektive der Persona, um nachhaltig als relevant zu gelten.
Letztendlich unterstützt eine Markenstimme dabei, sich von der Masse abzuheben oder zumindest in Position zu bringen. Laut Twitter ist eine Markenstimme:
- concise (prägnant)
- clear (deutlich)
- conversational (unterhaltend)
Kurzum: In der Unternehmenskommunikation lässt sich eine Markenstimme der Markenidentität zuordnen. Im Content-Marketing ist sie im Bereich der Inszenierung angesiedelt. Da weniger an dieser Stelle mehr ist, sehe ich von weiteren Ausführungen ab und verweise auf die nachstehenden Lesetipps.
Lesetipps: Die Zielgruppe zu kennen, ist oberstes Gebot und Voraussetzung für eine wirksame Markenstimme. Kollege Marc Ostermann hilft beim Definieren selbiger.
Stefanie Kowalski erklärt zudem, wie eine Marke – mit zugleich selbstbewusster und reduzierter Haltung – sichtbar wird.
Last but not least hält Sascha Theobald praktische Tipps und Beispiele für Selbständige und KMU vor. Ganz im Sinne der Markenidentität und einer klaren Positionierung.
Exkurs: Inszenierung und Emotionen im Content-Marketing
Mit einer Brand Voice gelingt es, den Community-Gedanken zu stärken. Sozusagen eine enge, emotionale Verbindung zu den Stakeholdern aufzubauen und dabei die Werte und Beweggründe des Unternehmens zu transportieren. Warum darüber hinaus per Content aufgebautes Vertrauen so wertvoll ist, zeigten wir bereits vor längerer Zeit auf.
Inhalte wie How-to-Videos, Memes, Textnachrichten, Stories oder Podcasts haben nämlich etwas gemeinsam. Sie sprechen uns an, unterhalten uns, spielen mit unseren Emotionen. Allesamt per Definition wesentliche Aspekte einer Markenstimme sowie im modernen Marketing ohnehin, wie das Content-Radar von Scompler exemplarisch verdeutlicht.
Während eines Austauschs mit Mirko Lange, Kopf von Scompler und Macher des Content-Radars, kamen er und ich auf eine Weiterentwicklung zu sprechen. So präsentiere ich hier – nicht ganz ohne Stolz – exklusiv sein Modell einer „Content-Marke“. Er wird gewiss bald etwas hierzu publizieren, ich beschränke mich in diesem Beitrag auf einen kleinen Teil der Inszenierung.
Zusammengefasst zeigt die Abbildung ein Content-Marken-Steuerrat. Die dahinterstehende These lautet, dass Content wie ein Produkt „funktioniert“. Es gibt demnach Elemente, die Inhalte unverwechselbar machen. Nennen wir sie Qualitätsattribute, also Merkmale, die Inhalte von anderen unterscheidet.
Anhand von vier Beispielen aus der Praxis zeige ich weiter unten wie diese Unterschiede oder Alleinstellungsmerkmale zu „inszenieren“ sind. Hier vorab nur so viel: Die Markenstimme prägt die „Content-Marke“ unter anderem durch die Sprache und Tonalität (Erlebnis) sowie Bild-, Farb- und Klangwelten (Design).
Wie eingangs erwähnt, ist diese spezifische, unnachahmliche und ganzheitliche Kommunikation der Kern einer Markenstimme. Beim Übertragen auf ein Produkt schließt sich der Kreis: die verwendeten Materialien, die Verarbeitungsqualität und die Aufmachung beeinflussen das jeweilige Alleinstellungsmerkmal – unterstützt durch die Corporate Voice.
Markenstimme: Wie hört oder fühlt sie sich denn eigentlich an?
You have the same voice all the time, but your tone changes.
(Content Style Guide, Mailchimp)
Das Zitat stammt von der selbsternannten All-in-one-Marketingplattform „Mailchimp“. In dem verlinkten Artikel liefert sie ein schönes Beispiel für die praktische Umsetzung einer Markenstimme. Zur Nachahmung empfohlen, meinen wir von Zielbar. Wie, kläre ich weiter unten. Hier folgt jetzt erst einmal die komprimierte Übersetzung aus dem Englischen:
- Wir sind klar und deutlich, vermeiden Metaphern und unnötige Aufregung.
- Wir sind echt. Kleine Unternehmen kommen gerne zu uns, weil wir vor nicht allzu langer Zeit selbst eines waren. Das heißt, wir sprechen sie auf vertraute und zugängliche Weise an.
- Wir sind Übersetzer und haben es uns zur Aufgabe gemacht, Expertentum zu entmystifizieren.
- Wir lieben trockenen Humor, sind geradlinig, subtil und ein bisschen exzentrisch.
- Wir bevorzugen es zu zwinkern, anstatt zu schreien. Denn wir möchten niemals herablassend oder snobistisch wirken, sondern angemessen kommunizieren.
Noch zu abstrakt, weil eine Tonleiter zu hoch? Wir möchten sagen: via Content findet eine Marke Gehör. Oder anders ausgedrückt – die Markenstimme ist eine konsequente Fortsetzung von Leitidee, Vision und Mission eines Unternehmens. Dem Stil, der Umsetzung in Habitus, Identität und Persönlichkeit sind keine Grenzen gesetzt.
Beispiele: Markenstimmen im nationalen und globalen Kontext
Der Autobauer BMW geht mit einer beeindruckenden Landingpage für ein Visionsfahrzeug voran. Dort wird Content-Marketing nicht nur für Autonarren zum Erlebnis: 3D-Druck, Wallpaper, Soundfile, Poster und Storytelling inklusive. Der Sound zur Markenidentität stammt übrigens vom Filmkomponisten Hans Zimmer sowie Renzo Vitale, Akustikingenieur und Sound Designer. Sämtliche Downloads sind kostenfrei – machen Spaß.
Die Kollegen von Performics nahmen Faber-Castell, Schwan-Stabilo und Staedtler unter die Lupe. Drei deutsche Unternehmen, die viel gemeinsam haben und in punkto Markenstimme unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist das Adelshaus von Faber-Castell, der Lehrerliebling Stabilo, der Tüftler Staedtler. Kommen die Unterschiede verbal zum Ausdruck? Ein Klick in den Beitrag lohnt!
Weitere prominente Beispiele einer prägenden und konsistenten Brand Voice gibt es bei ebaqdesign. Neben den dort genannten Marken wie Coca-Cola, Harley-Davidson oder Starbucks werfen wir True Fruits in die Waagschale. Jeder von uns verbindet sofort Worte und Bilder mit diesen oder anderen uns vertrauten Marken. Und wir erwarten die Erfüllung des gegebenen Markenversprechens. Im Umkehrschluss bedeutet das: Unternehmen sollten die Suchintention und Inhalte in den Mittelpunkt ihrer Botschaften stellen.
Ein spannendes Projekt begegnete uns außerdem bei Axel Springer. Das Verlagshaus entwickelte mit „Aravoices“ eine eigene Text-to-Speech-Anwendung. Sie ermöglicht das Erstellen einer individuellen, synthetischen Markenstimme. Der offensichtlichste Nutzungsfall ist das Vorlesen von Artikeln. Ein bisschen weniger scheppernd rüberzukommen und mehr Betonung lernt die Stimme hoffentlich noch. Sonst ist der Fuß im Markt der Smart Speaker eher gequetscht als erfolgsversprechend.
Brand Voice: In 5 Schritten eine eigene Markenidentität entwickeln
Der Zwischentitel ist nicht ganz sauber. Zur Erinnerung: Die Brand Voice stellt zwar einen wichtigen Teil der Markenidentität dar, aber eben nur einen Teil. Nichtsdestotrotz empfehlen wir diese nachstehenden fünf Schritte, um zur eigenen Markenstimme zu gelangen:
1. Beispiele finden
In einem ersten Schritt ist das punktuelle Sichten und Sammeln vorhandener Inhalte sinnvoll: Texte auf der Website, im Corporate Blog oder vom LinkedIn-Account. Zudem enthalten E-Books, Infografiken oder Whitepaper geeignete Beispiele aus den eigenen Reihen.
Es geht darum ein Gefühl zu entwickeln, welche Publikationen erfolgreich waren und warum oder umgekehrt. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.
Als Sammelpunkt bietet sich beispielsweise ein (virtuelles) Whiteboard an, auf dem wiederkehrende Wörter markiert und Inhalte gruppiert werden können. So entsteht ein erstes repräsentatives Set an Begriffen für die Markenstimme.
2. Um Worte ringen
Um das zuvor beschriebene Set zu manifestieren, gibt es zwei parallel verlaufende Stränge.
Zum einen ist da die interne Sichtweise: Sämtliche am Content-Prozess beteiligten Personen kommen zusammen und diskutieren konstruktiv die subjektive und gewünschte Wahrnehmung. Neben PR- und Marketingverantwortlichen zählen wir unter anderem HR, IT und Service zu dieser illustren Runde. Impulsfragen sind zum Beispiel: Wenn die Marke eine Person wäre, wie würden wir deren Persönlichkeit beschreiben? Wie unterscheiden sich unsere Qualitätsmerkmale von anderen? Wofür stehen wir als Unternehmen, was sind unsere Werte?
Interessant ist zum anderen die Perspektive der Zielgruppen. Wir gehen in diesem Beitrag davon aus, dass sowohl Persona als auch Leitidee existieren. Eine bedarfsgerechte Umfrage sollte demnach schnell umzusetzen sein. Vielleicht ist es eine Überlegung wert, einen erlesenen Kreis von Wettberbern zu Wort kommen zu lassen.
Das Ziel dieses Arbeitsschrittes ist, mit möglichst wenigen Worten die Brand Voice präzise zu beschreiben. Beim Content Marketing Institute ist sogar die Rede von drei Wörtern. So überambitioniert muss es aus unserer Sicht aber gar nicht sein.
3. Guidelines erstellen
Nun heißt es, die herauskristallisierten Begriffe in Regieanweisungen zu überführen. Dafür eignen sich simple Übersichten in Tabellenform oder bestenfalls anschaulich gestaltete Templates. Letztgenannte haben den Vorteil, dass sie später auch an externe Content Creator herausgegeben werden können ohne sich schämen zu müssen. Neue Teammitglieder profitieren ebenfalls von einem selbsterklärenden Styleguide.
Was gehört in diesen Styleguide?
- Beschreibung der Persönlichkeit und Werte des Unternehmens samt Vision, Mission, Leitidee und Alleinstellungsmerkmal
- Erläuterung, wie die Markenstimme in verschiedenen Situationen, Kontexten und Inhaltsformaten konkret Anwendung findet
- Wichtige Claims, Slogans, Schlagwörter und wiederkehrende Formulierungen
- Anleitung zur Verwendung von Markennamen, Fachbegriffen, Fremdwörtern, zum Gendern sowie zu Rechtschreibung, Satzbau, Grammatik und Ausdrucksweise
- Bestimmungen für den Einsatz von Logo, Farben und Typografie sowie generell die Einbindung visueller Elemente
Praxistipp: Tailor Brands stellt ohne Angaben von Daten ein Brand Voice Template als PDF zur Verfügung. Dieses lässt sich auf die eigenen Bedürfnisse und im entsprechenden Corporate Design bequem ummünzen.
4. Ins Machen kommen
Erfahrungsgemäß fällt es schwer, bei komplexen und neuen Vorhaben ins Machen zu kommen. Wir sehen das pragmatisch: Der ganz große Wurf muss nicht auf Anhieb gelingen. Die erstellten Richtlinien sind eine sehr gute Basis und Orientierungshilfe, Details folgen sowieso nach den ersten Gehversuchen. Plötzlich gibt es beispielsweise einen Fall, der so noch nicht aufgetreten ist. Oder das Feedback aus der Community lässt zu wünschen übrig. Nach und nach stoßen wir auf Situationen, die im Styleguide noch unzureichend beschrieben sind. Ein Mutanfall (sic!) hilft!
Wichtig ist, die Teams in regelmäßigen Abständen erneut zusammenzubringen und den gesammelten Erfahrungen ausreichend Zeit einzuräumen. Schließlich entwickelt sich eine Marke und somit die Stimme fortlaufend weiter. Zumal Vision, Mission und Leitidee ebenso einer Auffrischung bedürfen. Was uns zum vorerst letzten Schritt bringt.
5. Review durchführen
Die Entwicklung einer Markenstimme ist niemals abgeschlossen. Im Rahmen der Kommunikationsstrategie gilt es die gesamte Markenidentität zu überprüfen. Auch die Sprache entwickelt sich ständig weiter und Wörter, die heute geil oder en vogue sind, können morgen bereits veraltet wirken. Und das Image eines alten, weißen Mannes möchte wohl keine Marke angeheftet bekommen.
Denken wir abschließend nochmal kurz an die Inszenierung der Markenstimme. Im Rahmen des Content-Marketings überdauern selbst Evergreens selten unangetastet, Modifizierungen sind notwendig – der Brand Voice ergeht es genauso. Stellen wir uns also Fragen wie: Was hat funktioniert? Welche Elemente entwickelten sich zu Qualitätsattributen? Wie begegnet die Persona der auserwählten Markenstimme?
Fazit: Eine ehrliche Markenstimme macht den Unterschied aus
Einigen Marken vertrauen wir uns gerne an, schenken ihnen Aufmerksamkeit. Als Nutzer überzeugen uns die Produkte und Services, als Kommunikatoren schätzen wir deren Content-Marketing. Wir erachten sie als relevant und spätestens im Unterbewusstsein ist es die Markenstimme, die das schafft und den Unterschied ausmacht.
Mit einer authentischen Wort-Bild-Marke gelingt es, eine Brand Voice erfolgreich zu etablieren. Dazu bedarf es einer direkten und konsistenten Ansprache der Zielgruppen. Der Lohn ist eine bärenstarke und hingebungsvolle Community. Ehrlich währt am längsten und Ganzheitlichkeit trifft aber auch auf Flexibilität. Soll heißen: ändern sich die Prioritäten und Bedürfnisse der Persona, gilt es die Markenidentität zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen.
Grundlegend lässt sich festhalten, dass eine ausdrucksstarke Markenstimme einem Unternehmen eine klare Identität verleiht und die Kundenbeziehungen fördert. Global aufgestellte Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre Markenstimme über Grenzen hinweg Gehör findet und verstanden wird. Dieser Herausforderung muss sich Mark Forster wohl nicht stellen.
Artikelbild: Martin Mummel/GRVTY
Danke für den interessanten Inhalt. Ich beschäftige mich aktuell sehr stark mit Brand Voice, Brand Building und der eigenen Markenstimme und es ist keine triviale Angelegenheit. Viele Unternehmen investieren Zeilt und Geld in Selbstmarketing, kreieren auf Social Media Ads und können einfach nicht überzeugen. Man hört viele Versprechen, hört aber nichts von Unternehmenswerten, Philosophien und den Visionen und Zielen. Das kann letztendlich fatal sein, kommt aber auf das Business an.