Kopfloses Content-Marketing: Was Unternehmen jetzt ändern müssen
Über die letzten Jahre ist Content-Marketing in den meisten Unternehmen angekommen. Zumindest werden Maßnahmen wie das Aufsetzen eines Blogs ausprobiert. Ob eine Content-Marketing-Strategie hinter solchen Maßnahmen steckt, steht jedoch auf einem anderen Blatt.
Zum Beispiel auf dem der Snapshot-Studie von w&co. Laut dieser Studie betreiben 90 Prozent der Führungskräfte im deutschsprachigen Raum Content-Marketing ohne spezifische Ausrichtung. Der Grund: eine One-fits-all-Mentalität, die generische Inhalte über zielgruppengerechte Content-Produktion stellt. Ganz offensichtlich funktioniert das Schießen mit Kanonen auf Spatzen nicht.
Das ist nicht nur frustrierend, sondern auch teuer. Und führt schnell zu der Überzeugung, dass „Content-Marketing“ nur ein Buzzword von vielen ist. Ein Irrtum, denn mit Strategie und Regelmäßigkeit lassen sich durchaus Erfolge in der Unternehmenskommunikation erzielen. Woran aber hapert die Umsetzung konkret und welche Lösungen gibt es?
Es fehlt an Struktur und Planung
Zu den größten Herausforderungen im Content-Marketing gehören:
- Komplexe Prozesse
- Zu viele Schnittstellen
- Hakelige Zusammenarbeit zwischen Teams und Dienstleistern
Das gaben 31 Prozent der Geschäftsführer und Marketing- und Vertriebsverantwortlichen in der eingangs erwähnten Umfrage an.
Besonders auffällig: Es fehlen nahtlos ineinandergreifende Strukturen, wie sie bei einer Redaktion üblich sind. Wohl jeder Dienstleister, der in irgendeiner Form mit Content-Marketing für Unternehmen zu tun hat, kann ein Lied davon singen.
Bei Konzernen entstehen die Probleme oftmals aufgrund ihrer behäbigen Struktur, eingestaubter Arbeitsmethoden und fehlender Agilität. Wenn als Feedback auf Word-Dokumente nach Wochen eine mit handschriftlichen Notizen vollgekritzelte, schief eingescannte PDF zurückkommt, zeigen sich diese Probleme überdeutlich.
Doch auch Mittelständler sind nur unzureichend auf die heutigen Ansprüche der Kunden vorbereitet. Das macht sich zum Beispiel bei der Nutzerfreundlichkeit bemerkbar: So ignoriert eine Mehrheit der Unternehmer der 7leads Website Analyse – Mobile zufolge den Trend „Mobiles Internet“ völlig. Doch greifen zwei Drittel der Kunden inzwischen via Smartphone oder Tablet auf das Netz zu. Wenn das aber massiv erschwert wird, weil eine optimierte Darstellung nicht vorhanden ist, werden sie auch nie den Content dort entdecken. Daher lautet die erste Maßnahme:
1. Technisch aufholen – Website mobilfähig machen
Viele Unternehmenswebsites werden mobil noch immer nicht korrekt dargestellt. Es ist also höchste Eisenbahn für entsprechende Optimierungen. Das gilt selbstverständlich auch für jede Unterseite. Weiterhin muss die Navigation übersichtlich gehalten und die Website über eine SSL-verschlüsselte Adresse erreichbar sein.
Ja, das sind Basics, die die meisten nicht mehr lesen können. Aber genau darin liegt die Gefahr: Diese Basics erscheinen so selbstverständlich, dass sie im Tagesgeschäft schnell hinten anfallen und so auf der „Mach-ich-irgendwann“-Ablage einstauben.
Dabei lautet die entscheidende Aufgabe, die Erreichbarkeit einer modernen, nutzerfreundlichen, datenschutzkonformen und zeitgemäßen Website sicherzustellen. Und das lange vor jeder inhaltlichen Zielsetzung und vor jeder strategischen Content-Marketing-Ambition.
2. Bestandsaufnahme wagen
Wer noch keine Berührungspunkte mit Content-Marketing hat, kann direkt zum dritten Tipp springen. Für alle anderen gilt: Eine ehrliche Bestandsaufnahme bisheriger Bemühungen ist unerlässlich. Dazu gehört die Beantwortung von Fragen wie:
- Welche Inhalte haben wir bereits?
- Wie werden diese Inhalte von den Nutzern angenommen?
- Ist es uns bisher gelungen, Leads zu generieren?
- Wo ließe sich mehr herausholen?
- Welche Workflows funktionieren nicht bzw. viel zu langsam?
Die Bestandsaufnahme dient dazu, sich einen Überblick zu verschaffen, um dem ziellosen Treiben ein Ende zu bereiten. Sie muss wie gesagt ehrlich erfolgen, und zwar unabhängig von Jobtiteln, Hierarchien und Egos.
Für Kunden spielen interne Querelen keine Rolle. Sie wollen unterhalten, inspiriert und informiert werden. Das ist mehr denn je der ideale Weg, um aus Nutzern Fans und aus Fans Kunden zu machen.
3. Content-Marketing-Strategie erarbeiten
Eine Strategie funktioniert wie ein Navi: Sie bringt dich auf dem kürzesten Weg an das Ziel. Wenn jedoch nicht regelmäßig Updates erfolgen, stimmen die meisten Straßenverläufe zwar, aber hin und wieder landest du in einer Sackgasse. Oder im Graben.
Daher empfiehlt es sich, die folgenden Punkte in einem Abstand von mindestens sechs bis zwölf Monaten zu wiederholen, um den Anschluss an die sich immer weiter ändernden Rezeptionsgewohnheiten der User nicht zu verpassen.
-
Workshop durchführen
In einem Workshop fließen die gesammelten Informationen aus Schritt zwei in eine Strategie ein. Für einen solchen Workshop ist es meist sinnvoll, einen oder mehrere externe Spezialisten aus dem Content-Marketing hinzuzuziehen. Warum? Weil sie nicht in der Binnensicht des Unternehmens verhaftet sind. Was für viele wie ein Nachteil wirkt, ist ein gewaltiger Vorteil.
Denn gerade der externe Berater hat einen unverstellten, klaren Blick auf die Probleme und Chancen und keinerlei Scheu, das Kind beim Namen zu nennen. Schließlich muss er dem cholerischen Chef oder dem eingeschnappten Vertriebsleiter nicht am nächsten Tag erneut auf dem Flur begegnen.
Auch erkennt der Berater mit seiner frischen Draufsicht und Erfahrung eher, was die Kunden an Content vom Unternehmen erwarten. Denn das hat oftmals wenig mit dem zu tun, was dem Geschäftsführer im Blog und anderswo gefällt. Schließlich muss der Köder dem Fisch und nicht dem Angler schmecken.
Einige Unternehmen drehen den Geldhahn ab, wenn es um Workshops geht. Ein Fehler! Ohne Workshop und damit auch ohne professionelles Konzept an Content-Marketing heranzugehen ist in etwa so, als würde ein Chirurg sich nicht auf die Operation vorbereiten, sondern einfach mal drauflosarbeiten. Doch genau dieses Drauflosarbeiten praktizieren offenbar die meisten Führungskräfte. Und sie wundern sich dann, wenn die Ergebnisse nicht stimmen.
Auch ökonomisch ergibt ein Workshop Sinn: Dieser kostet dich wesentlich weniger, als monatelang Content zu produzieren und zu verbreiten, der deine Zielgruppe kalt lässt.
-
Redaktionsplan erstellen und Kanalauswahl einschränken
Für die nächsten Monate muss ein fester Redaktionsplan erstellt werden, der auf zielgruppenrelevanten Themen fußt. Diese wurden im Workshop via Brainstorming eingedampft.
Häufig vergessen bzw. sträflich vernachlässigt wird die sich anschließende Content Distribution. Da wird dann einfach auf allen Kanälen, auf denen man irgendwie präsent ist, geteilt und geteasert. Doch genau dieses „Irgendwie“, das Schießen mit Kanonen auf Spatzen ist es ja, von dem du wegwillst. Die Lösung lautet: Auf die eigene Zielgruppe und deren Reise durch das Netz schauen. Wo halten sich deine Kunden wann und zu welchem Zweck auf?
So lässt sich schnell ausmisten und enorm viel Zeit sparen. Für den Social Media Manager fällt dadurch nicht weniger Arbeit an, sie wird nur höchstwahrscheinlich fokussierter und effektiver, da dieser nun die Möglichkeit hat, sich auf einige wenige Plattformen voll und ganz zu konzentrieren. Und damit gibt es schon genug zu tun.
-
Kunden um Feedback bitten
Du weißt nicht, was deine Kunden an dir und deinen Produkten bzw. Dienstleistungen interessiert? Dann frage sie! Die Lösung kann manchmal so einfach sein, dass sie im strategischen Kopfzerbrechen rund um Content-Marketing übersehen wird.
Zugegeben, die Umsetzung ist mit einem gewissen Aufwand verbunden. Ideal sind mehrere Kundeninterviews, anhand derer Buyer Personas erstellt werden. Alternativ kannst du auch in Social Media die Nutzer fragen, welche Blogartikel, Podcastthemen usw. sie sich wünschen. Ein weiterer praktischer Ort für diesen Zweck sind die Kommentarspalten unter Beiträgen und bei YouTube. Mit einer Bitte um Feedback erhöhen sich deine Chancen, wertvolle Impulse von deinen Followern zu erhalten.
4. Vertrauen in Spezialisten entwickeln
Unternehmen ziehen externe Spezialisten zurate, nur um deren Rat anschließend in den Wind zu schlagen. Sehr ärgerlich und leider gängige Praxis. Dies führt binnen kürzester Zeit zu Frust auf beiden Seiten, wie mein Kollege Marc Ostermann in seinem Artikel Woran Kommunikationsdienstleister den „Kunden des Todes“ erkennen zu berichten weiß.
Dabei ist es essenziell, dass Unternehmer endlich das nötige und berechtigte Vertrauen in Content-Marketing-Spezialisten entwickeln. Es kann eben nicht jeder schreiben oder designen, nur weil er mal ein Grußwort an Tante Lena gedichtet oder letzte Woche mit Gimp eine Geburtstagskarte gebastelt hat.
Erst eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe führt zum gewünschten Erfolg. Daher müssen Unternehmen so schnell wie möglich Voreingenommenheit abbauen. Und durch eine positive, vertrauensvolle sowie konstruktive Grundhaltung ersetzen. Womit wir beim nächsten Punkt angelangt sind.
5. Weiterbildung zur Gewohnheit machen
Das Vertrauen in einen Spezialisten entbindet nicht von der Eigenverantwortung, sich im Bereich Online- und Content-Marketing stetig weiterzubilden. Du musst kein Experten auf dem Gebiet sein, solltest aber idealerweise ein Grundverständnis für die Customer Journey, Touchpoint Management und andere wesentliche Dynamiken mitbringen.
Das hat mehrere Vorteile: Zum einen starten Unternehmer mit einem Grundlagenwissen in den auf wenige Tage oder Stunden begrenzten Workshop. So müssen sie sich in dieser Zeit nicht für teures Geld Grundlagenbegriffe erklären lassen, die sie im Vorhinein selbst hätten nachschlagen können. Stattdessen gehen sie sofort in medias res und arbeiten effektiv an der Strategie.
Zum anderen bekommen Führungskräfte auf diese Weise ein Gespür dafür, wo sie mit welchen Hebeln ansetzen können und welche Leistungen sie dafür benötigen. Als Beispiel sei hier Marketing via Pinterest genannt. Über diese Plattform lassen sich insbesondere im B2C-Bereich hervorragende Ergebnisse erzielen, unter anderem in Form von Traffic auf der eigenen Website. Für Einsteiger empfehle ich den Artikel von Dani Schenker. Hier berichtet er über seine Erfahrungen aus der Praxis und erklärt, wie Pinterest für Unternehmen funktioniert. Nützliche Profitipps gibt es von der Pinterest-Expertin Alexandra Polunin im Interview.
Weiterhin bewahrt eine permantente Lernbereitschaft vor Ignoranz: Die Industrie ist ständig in Bewegung, ganze Berufsbilder werden in den nächsten Jahren wegbrechen, die Entwicklung künstlicher Intelligenzen schreitet im Eiltempo voran.
Diese Prozesse betreffen so gut wie jede Branche, weshalb es überlebenswichtig ist, sich so oft wie möglich darüber zu informieren und Handlungen daraus abzuleiten. Auch hier bitte nicht einfach den Spezialisten übergehen und in blinden Aktionismus stürzen, sondern gemeinsam die Content-Marketing-Strategie anpassen.
Die Belohnung: Kundengewinnung und -bindung
Content-Marketing ist kein Selbstzweck, auch wenn dies so manchem Marketer vorgeworfen wird. Meist entspringen solche Vorwürfe jedoch einer Frustration, die wiederum auf Fehlern in der Vergangenheit basiert.
Dass Content-Marketing nach wie vor ausgezeichnet funktioniert, um eine Marke aufzubauen, bekannt zu machen und Kunden zu binden, zeigen zahlreiche Beispiele aus den unterschiedlichsten Branchen. Doch hat niemand gesagt, dass es leicht ist.
Umso entscheidender für den Erfolg ist es, mit Köpfchen und einer handfesten Strategie vorzugehen, um zielgerichtet zu arbeiten. Nicht morgen, sondern jetzt. Denn darum geht es in einer Welt, in der die Macht der Konsumenten über den Geschäftserfolg von kleinen mittelständischen Unternehmen wie auch Konzernen entscheidet.
Letzte Reaktionen